Diamantene Hochzeit haben heute, am 26. November, Renate und Georg „Schorsch“ Kirner aus Baldham gefeiert. Das sind 60 Jahre Liebe, Abenteuer – und sehr viel Mut.
Wenn man die Geschichte von Renate und Georg „Schorsch“ Kirner hört, fragt man sich unweigerlich:
Kann das alles wahr sein? Und die Antwort lautet – natürlich! Denn wer, wenn nicht der Schorsch, der schon als Bub wissen wollte, „was hinter den Bergen ist“, hätte ein Leben gelebt, das selbst für Abenteuerromane zu wild gewesen wäre?
Mit dem Fahrrad nach Afrika
Geboren in Bayrischzell als Sohn eines Pfannenflickers und Besenbinders, verbrachte er seine Kindheit als Hirte „bei der Oma auf der Alm – zwischen Bayern und Tirol“. Da der junge Georg schon immer wissen wollte, was es hinter den hohen Bergen zu sehen gibt und ferne Länder vom Hörensagen kannte verkündete er als junger Erwachsener kurzerhand: „Vater, ich brauch dein Radl – i möcht mit dem Radl nach Afrike fahrn!“,
und bekam als trockene Antwort nur: „Bleib nicht so lange weg.“
Parallel zu Schorschs Reiseplänen fuhr die junge Renate täglich mit dem Zug von ihrem Wohnort Höhenkirchen zum Ostbahnhof. Im Zug fuhr auch regelmäßig Georgs Bruder Hermann – und irgendwann stieg auch einmal Georg selbst in diesen Zug ein. Renate war damals 17, Schorsch 24. Als Georg Renate von seinem Vorhaben erzählte dachte sie sich nur kopfschüttelnd „Das ist ja Wahnsinn.“
“Lebt der überhaupt noch?”
Doch Schorschs Wunsch, hinter den Bergen Afrika zu finden, war geweckt – und er machte sich tatsächlich auf den Weg. Jede Postkarte, die er heimschickte, löste im Dorf Diskussionen aus über Orte, „von denen noch nie jemand gehört hatte“. Doch in Ägypten angekommen, wurde ihm ausgerechnet an den Pyramiden das Fahrrad gestohlen. Schorsch nahm’s gelassen – kaufte sich kurzerhand ein Kamel und schloss sich einer Karawane durch die Sahara an.
Renate fragte sich in der Zwischenzeit zu Hause in Bayern, „Ob der überhaupt noch lebt?“. Die Zeit vergingen. Dann – ein Film könnte es nicht schöner schreiben – saß Renate wieder mit ihrer Mutter im Zug, als sich plötzlich die Tür öffnete und Georg vor ihr stand. Renate erinnert sich lachend:
„Ehrlich gesagt, hat es mich fast umgehaun! Das gibt’s doch nicht – du lebst ja noch!“

Eine gemeinsame Lebensreise
Schorsch lud Renate ein, seine Reisemitbringsel anzuschauen, und irgendwann, Renate war inzwischen 21, „hat es sich halt so ergeben, dass wir zusammen waren”, so die beiden Jubilare. Schorsch stellte Renate seinem Vater vor mit den Worten: „Bap – das könnte doch deine Schwiegertochter werden!“
Renate selbst war begeistert von fremden Ländern, seit sie denken kann. Und Georg machte gleich klar:
„Das Reisen ist mein Leben – aber wir können das ja auch zusammen machen.“ Das haben die beiden schließlich auch getan. 1965, am 26. November standesamtlich in Höhenkirchen, am 27. November kirchlich in Aying, heirateten die beiden. Ein Schnellschuss im November, weil sie kurz darauf jemanden „auf einer Reise durch Indien begleiten sollten“. Unverheiratet? Damals undenkbar.
Die Hochzeitsreise war dann, ganz im Kirner-Stil, „die Fahrt mit einem VW-Bus zu dritt Richtung Indien“.
Aber Renate, die als Sachbearbeiterin beim ADAC arbeitet, war ja bereits von Arbeitskollegen vorgewarnt worden: „Fräulein Dietrich, wenn Sie ein Leben lang aus dem Koffer leben wollen, dann können Sie den Kirner Schorsch heiraten!“, erzählt sie mit einem Lächeln.
Urlaubpläne statt Expeditionen
Zusammen waren Renate und Schorsch in der ganzen Welt unterwegs- Renate selbst war die erste Frau im Himalaya auf einem 6000er. Nach zahlreichen gemeinsamen Expeditionen, die mit unter gefährlich verliefen, entschied sich Renate, Georg nicht mehr zu begleiten. Aber weil sie wusste, „wie so Expeditionen ablaufen“, machte sie sich nur selten Sorgen, wenn Schorsch länger unterwegs war.
Nur wenn er viel, viel später heimkam als geplant, „wurde ich nervös“, so die heute 83-Jährige. Gemeinsam “Urlaub” machten das Ehepaar aber noch viele weitere Jahre. “Wir waren in China, Tibet, auf den Osterinseln und in der Mongolei. Da hab ich bei minus 40 Grad die Kälte kennengelernt!“
Renate unterstützte ihren Schorsch immer, hielt ihm den Rücken frei, auch als sie selbst nicht mehr mit auf Expeditionen wollte. Zwölf Bücher haben die beiden gemeinsam geschrieben, Schorsch war in unzähligen Fernsehsendungen – und überlebte ganz nebenbei drei Flugzeugabstürze. Renate sagt heute mit fester Stimme: „Ich hätte nie einen anderen haben wollen!“ Und was schätzt Schorsch an Renate? „Einfach die ganze Frau!“ Und: „Dass sie für meine verrückten Ideen auf so vieles verzichtet hat – auch auf Familie.“
Sie blieb immer eigenständig, hatte ihren Beruf, ihre Interessen, das Reiten – und doch war sie immer seine größte Unterstützung. Renate fasst es so zusammen: „Durch seine ganzen Erzählungen und Mitbringsel hab ich oft das Gefühl gehabt, ich wäre selber dabei gewesen.“

Heute – 60 Jahre später
Heute leben die beiden in ihrem Häuschen in Baldham, genießen den Garten, machen Radltouren. Renate 83, Schorsch 89. Ihre Wünsche? So schlicht wie schön: „In Frieden, harmonisch und gesund im eigenen Haus noch so lange wie möglich leben.“ Und wenn man dieses Paar erlebt – nach allem, was sie gemeinsam durchstanden, durchwandert und durchlebt haben – dann glaubt man sofort, dass dieser Wunsch wahr werden kann.

Herzlichen Glückwunsch zu 60 gemeinsamen Jahren!
