Viva Bolivia! – Ein Vaterstettener als Freiwilliger in Südamerika

von Felix Kock

Hallo, mein Name ist Felix Kock, 18 Jahre alt und komme aus Vaterstetten. Nach meinem Abitur am Humboldt Gymnasium im Jahr 2023 habe ich mich dazu entschieden, einen Freiwilligendienst (FSJ) mit donboscovolunteers in Bolivien zu machen und arbeite seit September letzten Jahres in einem Kinderheim in Santa Cruz de La Sierra. Durch mein Auslandsjahr möchte ich vor allem den Kindern und Jugendlichen vor Ort aktiv helfen und sie unterstützen, die nicht das Privileg haben, so behütet aufzuwachsen, und mich dabei persönlich weiterzuentwickeln.

Von meiner Arbeit, Erlebnissen und allerlei Unterschieden (kulturell, gesellschaftlich, etc.) möchte ich in diesem Artikel exklusiv für B304.de berichten. Ein Freiwilligendienst wird vom Bund gefördert und daher wird ein Großteil der Kosten übernommen (ca. 75%), das andere Viertel soll der Freiwillige selbst durch private/gemeinnützige Spenden finanzieren.

Das Erste, was ich sehe, sobald ich morgens die Tore meiner Arbeit öffne, sind sehr verschlafene Kinder, die entweder direkt in den Frühstückssaal gehen oder mir davor entgegen kommen um mir einen Begrüßungsdrücker zu geben – falls sie gut gelaunt sind. 

Felix Kock mit den Kindern des HDB

Ich arbeite als Freiwilliger im Proyectos Don Bosco, das 1991 von den Salesianern Don Boscos in Santa Cruz de La Sierra ins Leben gerufen wurde, um dem großen Mangel an sozialen Einrichtungen in Bolivien entgegenzuwirken. Das Projekt bietet bolivianischen Kindern und Jugendlichen in Not Anlaufstellen, langfristige Unterkunft und besteht aus verschiedenen Einrichtungen, die über die ganze Stadt verteilt sind. Es ist meistens die letzte Instanz, die die Kinder von und vor der Straße bewahrt. Neben einer Auffangstation für Mädchen (“Mano Amiga”), einem Straßenkinderheim, in dem man Kost, Logis und einen sicheren Platz zum schlafen erhält (“Techo Pinardi”), gibt es das “Barrio Juvenil”, das älteren Jugendlichen Ausbildungsmöglichkeiten bietet und schließlich meine Arbeitsstelle, den “Hogar Don Bosco” (HDB).

Der HDB ist ein Heim, in dem Jungen mit hohem sozialen Risiko bis zu ihrem 18. Lebensjahr bleiben können. Sie sind entweder Straßenkinder, Waisen oder wurden vom bolivianischen Jugendamt zum eigenen Schutz aus ihren Familien genommen. Viele der Jungen sind in extremer Armut aufgewachsen und sind fast ausnahmslos Opfer sexueller, physischer oder emotionaler Gewalt bzw. Missbrauch geworden. Daher gibt es im Hogar und allen anderen Einrichtungen des Proyectos psychologische Betreuung “Rund-um-die-Uhr”, um mögliche Traumata zu behandeln. Für die Kinder soll ein familiäres Umfeld generiert werden, indem sie Liebe erfahren und durch Vertrauen und Religion angeleitet werden, daher auch der Leitspruch “Somos familia!” (Wir sind Familie!).

Im Hogar leben zur Zeit 80 Jungen zwischen 6 und 17 Jahren, die je nach Alter in verschiedene Gruppen aufgeteilt werden. So gibt es die Gruppen “Carlo Acutis” für die Ältesten ab 15 Jahren, “Miguel Magone” (12 bis 15 Jahre) und die Gruppe “San Francisco de Asis” für die Kleinsten (6 bis 12 Jahre). In dieser arbeite ich täglich zusammen mit vier weiteren Erziehern, aufgeteilt in Schichten und bin als Freiwilliger sozusagen die rechte Hand meiner Vorgesetzten. 

Meine Schicht beginnt um Sieben Uhr morgens und startet nach dem “Begrüßungsritual” immer mit einem gemeinsamen Frühstück (Semmeln und Tee), in dem die ersten Lebensgeister in die Kinder zu wandern scheinen. Daraufhin stehen die “Oficios” auf der Liste, was so viel wie kleine Aufgaben/Aufgaben sind, die die 18 Kinder meiner Gruppe täglich erledigen müssen, um den Hogar sauber zu halten. Darunter fallen Gang kehren, Müll sammeln oder Pflanzen gießen. 

Da die Kinder das höchst ungern tun, besteht mein Job als Volunteer meistens darin, zuerst die Kinder zu finden, die sich auf dem Gelände versteckt haben, um sich vor der Arbeit zu drücken und danach mit ihnen zusammen die Aufgaben abzuarbeiten. 

Sobald alle “Oficios” erledigt sind, werden in einem Aufenthaltsraum unter der Woche Hausaufgaben gemacht, ich stehe bei Fragen zur Verfügung. Anschließend werden nach einem kurzen Vormittagssnack verschiedene Spiele, vor allem aber der absolute Favorit – Fußball – bis zum Mittagessen gespielt. Danach werden die Jungen in die nahegelegene Nachmittagsschule gebracht. Was sich simpel anhören mag, ist in Wahrheit sehr chaotisch. Zum einen haben viele der Kinder aufgrund ihrer Vergangenheit erhebliche Bildungslücken und verhalten sich oft respektlos gegenüber ihrem Umfeld. Zum anderen ist der Umgang untereinander von Gewalt geprägt, sodass man zu jeder Zeit an verschiedenen Orten/Stellen gebraucht wird, um zu helfen oder Auseinandersetzungen zu schlichten. 

Zu Beginn eines Freiwilligendienstes sind mir die Kinder oftmals kühl und verschlossen begegnet. Nach vier Monaten und einer engen Bindung bin ich für sie Anlaufstelle bei Problemen sowie Freund, wichtiger Ratgeber und Vertrauensperson, sodass ich den “Sala San Francisco” ab und zu an Wochenenden auch alleine übernehmen kann. Der Tagesablauf Samstags und Sonntags besteht aus einer Morgenmesse und anschließendem Spiel, Tanz und/oder Film schauen. Zudem geht der gesamte HDB jeden Samstag in das Schwimmbad “Don Bosco” und selten gibt es Ausflüge in nahegelegene Parks. Meine Schicht endet immer um 15.00 Uhr -manchmal wird man auch länger gebraucht- und der freie Teil meines Tages beginnt, den ich meistens dazu nutze, um an meinem Spanisch zu arbeiten.

Blick auf den Eingang des Hogar Don Bosco

Sollte Ihnen der Bericht gefallen haben und/oder Sie meine Freiwilligenarbeit unterstützen wollen, würde ich mich sehr über eine Spende an das unten angegebene Konto freuen. Ich freue mich über jede Spende bzw. hilft mir weiter!

Spendenkonto: Don Bosco Mission, Liga Bank München IBAN: DE66 7509 0300  0102  1418  76, Verwendungszweck: S23VB007 – für eine Spendenquittung bitte die Adresse angeben.