Sie eröffnete einst die erste Apotheke in Baldham-Vaterstetten und war die erste Frau, die im Landkreis Ebersberg allein ein Geschäft führte: Elfriede Uschold. Am 29. Februar ist die Apothekerin nach kurzem Krankenhausaufenthalt verstorben. Ein Nachruf.
Vaterstetten bietet heute nahezu die gesamte Bandbreite an Einkaufsmöglichkeiten und Dienstleistungen die wir im Alltag benötigen. Es gibt kaum ein Anliegen, für das wir noch den Weg nach München oder in eine der Nachbargemeinden suchen müssen. Doch zahlreiche Mitbürgerinnen und Mitbürger erinnern sich noch gut daran, dass dem nicht immer so war.
Im Jahr 1961, zur Zeit des Mauerbaus und der Wahl von John F. Kennedy zum Präsidenten der USA, existierte diese Infrastruktur in unserer Gemeinde noch nicht. Auch das Gesundheitswesen war noch im Aufbau begriffen und einzelne hausärztliche Praxen deckten mit vollem Einsatz alle Fachrichtungen sowie den ärztlichen Notdienst ab. Für die Besorgung von Medikamenten mussten jedoch noch weite Wege in Kauf genommen werden.
Elfriede Uschold entstammte einer Apothekerfamilie und hatte sich früh entschlossen, in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten. Nach Abschluss des Pharmaziestudiums sammelte sie Berufserfahrung in der Harras Apotheke in München Sendling, doch ihr Ziel war schon in jungen Jahren die Selbständigkeit. Im Sommer 1961 gründete sie im ländlich geprägten Vaterstetten in der Johann-Sebastian-Bach-Straße 8, die Antonius-Apotheke und stellte damit erstmalig die Arzneimittelversorgung vor Ort sicher. Mit Augenzwinkern erzählte Uschold gerne, dass die Straße damals noch nicht einmal geteert war und ihr erster Kunde ein Schaf mit einem verdrehten Hax von der Viehweide gegenüber. In den frühen Jahren, so berichtete sie, erstreckte sich die Anwesenheitspflicht im Notdienst auf bis zu eine Woche. Dass sie nun im Haus über der Apotheke wohnte, erleichterte die Dienstbereitschaft.
Vaterstetten wandelte sich. Mit dem S-Bahnanschluss in den früher 70ern und den resultierenden Neubaugebieten wuchs der Bedarf an Medikamenten und über die Jahre waren mehrere Umbauten und Erweiterungen der Antonius-Apotheke nötig. Mit dem steten Zuzug von Mitbürgern fanden sich auch Mitbewerber ein und es gab neue Herausforderungen. Die alte Registrierkasse und die Balkenwaage wurden durch Computerkassen und eine moderne, digital gestützte Laborausstattung ersetzt. Heimbelieferung für das Caritas Altenheim St. Korbinian wurde organisiert und für das Haus Maria Linden wurde erstmalig Medikation händisch verblistert. Elfriede Uschold zeigte sich allen Höhen und Tiefen gegenüber unerschütterlich und begrüßte Änderungen stets positiv und mit Neugier. Um den oft anstrengenden Apothekenalltag auszugleichen, organisierte sie für ihr Team legendäre Ausflüge, Dia-Abende und gemeinsame Abendessen.
Ein halbes Jahrhundert lang steuerte Elfriede Uschold die Geschicke der Antonius-Apotheke und ihrer Mitarbeiter durch so manchen Sturm. Im Jahr 2011 übergab sie ihr Lebenswerk an Apothekerin Andrea Wölfle, blieb dem Team aber lange Zeit fachlich und bis zuletzt persönlich eng verbunden. Nun konnte sie sich verstärkt ihren anderen Leidenschaften widmen, dem Reisen, dem Wintersport und den schönen Künsten, speziell der Oper. Auch wenn der Radius in den letzten Jahren kleiner wurde, sie hatte immer Pläne auf die sie sich freute.
„Ihre Pionierarbeit in den 60er Jahren und dass sie bis zuletzt selbstbestimmt und unabhängig gelebt hat, bewundere ich zutiefst. Und für ihre großzügige, menschenfreundliche Art und ihren unschlagbaren Humor konnte man sie nur lieben. Wir vermissen sie.“ berichtet Andrea Wölfle von der Antonius-Apotheke und schließt mit einem Zitat von Albert Schweitzer: „Das schönste Denkmal das ein Herz bekommen kann, steht in den Herzen seiner Mitmenschen“.
Ein Kondolenzbuch liegt noch bis Ende April in der Antonius-Apotheke aus.