Feierlich, familiär und voller Humor – so wurde Tom Werneck am Samstag Nachmittag (17. Mai) mit 85 Jahren im Rathaus Haar der Doktortitel verliehen. Damit avanciert der ehemalige Leiter des Spielearchivs, bekannteste Spieleexperte Deutschlands und Brettspiel-Pionier Tom Werneck zum ältesten frisch promovierten Doktor Bayerns, wenn nicht sogar Deutschlands. Die Promotion durch die renommierte Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle würdigt ein Lebenswerk, das untrennbar mit der Entwicklung des modernen Brettspiels verbunden ist. Denn „Dr. Tom” ist nicht nur Mitbegründer des weltweit bekannten Preises „Spiel des Jahres“ sondern auch Initiator der Spieleerfindermesse.

Mutter-Sohn-Beziehung
“Normalerweise schreibt man diese Arbeit ja in einem Alter, in dem man seine Karriere mit dem erhaltenen Doktortitel weiter vorantreiben kann”, so Haars Bürgermeister Dr. Andreas Bukowski. “Das wünsche ich Tom natürlich auch. Ich bin mir bei ihm sicher, dass das auch nicht der End- sondern der Ausgangspunkt für viele neue Ideen von ihm ist.”

Tom Wernecks Dissertation trägt den Titel: „Spiele im Wandel – die Evolution des modernen Brettspiels in der BRD (1949–2000) – eine Bestandsaufnahme“. Eine historische und persönliche Analyse auf über 500 Seiten. “Ich habe es mir lange Zeit nicht zugetraut, zumal man eigentlich nur in dem Fach eine Arbeit schreiben kann, in dem man studiert hat”, erklärt der frischgebackene Doktor, der eigentlich Jura studiert hat, seine späte Motivation. Durch eine Ausnahmeregelung, die an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle greift, kam Prof. Dr. Veronica Biermann, die extra für die Verleihung nach Haar gereist war, in eine eher ungewöhnliche Betreuungskonstellation: “Dass ich als DoktorMUTTER einen SOHN würdigen darf, von dem ich im Traum nicht daran gedacht habe, dass ich ihn jemals bekomme ist nicht selbstverständlich”, erzählt sie lachend, denn zwischen ihr und Tom Werneck liegt eine ganze Generation. Zunächst sei sie skeptisch und auch etwas perplex gewesen als der Spieleerfinder mit seiner Idee für die Doktorarbeit, die im Laufe der Arbeitszeit sieben verschiedene Titel-Varianten erhielt, auf sie zukam. “Jetzt bin ich froh, dass er bei mir im Büro in der Türe stand, glücklich, dass er sich auf Kritik und damit auf die harte wissenschaftliche Arbeit eingelassen hat und bin außerordentlich zufrieden, dass es zu dieser Bestandsaufnahme gekommen ist”, so die Professorin in ihrer Rede.



Eine Frage der Ehre
Vorteile aufgrund seines hohen Alters hatte Tom Werneck bei der Bewertung seiner Arbeit natürlich nicht. “Veronica ist knochentrocken – die gibt keinen Deut nach!”, resümiert er die Zusammenarbeit mit der Doktormutter, die seine Tochter sein könnte. Schummeln beim Schreiben kam für Tom Werncke natürlich ebenso wenig in Frage wie beim Spielen. Ehrensache. “Wer Spielregeln nicht einhält, hält sich auch nicht an die Lebensregeln. Ich schummle selber nie!”

Die Zeremonie war weit mehr als ein akademischer Akt – sie wurde zur liebevollen Hommage an einen Mann, dessen Leben sich um das Spiel dreht. Zahlreiche Weggefährten, Freunde und natürlich die ganze Familie – inklusive der fünf Enkelkinder– waren mit dabei. Krönender Abschluss: Ein Film unterlegt mit einem Musikstück- von seinen Söhnen erstellt- über das Leben Tom Wernecks sorgte für Lacher, die ein oder andere Träne und viel Applaus. “Mir geht es nicht um den Doktortitel!”, betont Dr. Tom Werneck jedoch in vielen Gesprächen. “Mir geht es darum festzuhalten wer, wann was wieso in der Spielewelt gemacht und erfunden hat. Es wird nämlich viel Quatsch verbreitet.”
Den von Bürgermeister Dr. Andreas Bukowski scherzhaft angebotenen Anschlusstermin, “Wir gehen dann jetzt noch gleich und machen das, was jeder neue Doktorand tut: einen neuen Ausweis beantragen!”, hat der Spiele-Doktor nicht wahrgenommen, auch wenn sein unermüdlicher Einsatz für die Welt des Spiels – als Forscher, Archivar, Vermittler und Botschafter, durch seine neue akademische Würde entsprechend zum Ausdruck gebracht wird. Spielen ist – und wird – einfach sein Leben bleiben.

