Er sollte optisch ein Hingucker werden: Der Neubau von Turnhalle und Hort an der Wendelsteinstraße. Doch jetzt setzt die Gemeinde den Sparstift an: Statt der abgeflämmten Fassade wird nur noch lasiertes Holz verwendet – was nicht nur Auswirkungen auf die Optik, sondern auch auf die Nutzbarkeit hat. Durch Witterungseinflüsse vergraut die lasierte Variante über die Jahre.
Die Turnhalle liegt derzeit im Budget – 11,3 Millionen Euro soll der Neubau kosten. (Zu Beginn der Planungen waren es 7 Millionen Euro.) Doch die Fassade, die im japanischen Stil karbonisiert, also abgeflämmt, werden sollte, wird zu teuer: Statt erwarteter 375.000 Euro gingen nur Angebote jenseits der 800.000-Euro-Marke-ein.
Darum entschied sich der Gemeinderat nun, lasiertes Holz zu verwenden. Auch die Unterkonstruktion soll aus Holz gebaut werden, eigentlich war diese aus Aluminium vorgesehen. Hinzu kommt, dass statt automatischer Schiebeläden nun händisch bedienbare Klappläden zum Einsatz kommen sollen.
Aus einem ambitioniert geplanten Hingucker wird also nun ein gewöhnlicher Holzbau. Man erhofft sich so rund 250.000 Euro Ersparnis, die „aber nicht garantierbar“ sei, wie es die Architekten beschreiben.
Mit den Sparmaßnahmen geht eine schlechtere Wärmedämmung einher – und das, obwohl man eh schon auf „low Tech“ mit natürlicher Belüftung setzt. Im Sommer könnte das unangenehm werden: Schon mit der alten Planung wurde bei Außentemperaturen von 30 Grad eine Innentemperatur im Hort von bis zu 28 Grad berechnet.
Dazu schreibt Ralf Schloemilch, Sachgebietsleitung Hochbau, Gemeinde Vaterstetten, am 1. September 2025, folgenden Leserbrief:
Bauten der öffentlichen Hand sollten angemessen und wirtschaftlich sein. Sie sind jedoch auch der Vorbildfunktion der öffentlichen Hand verpflichtet, was explizit einen baukulturellen Anspruch beinhaltet. Schulen, Kindergärten und Verwaltungsgebäude sollen eben nicht billig und anspruchslos ausgeführt und gestaltet sein, sondern einen Beitrag zur Baukultur des Landes leisten.
Nicht selten sind öffentliche Bauten auch Innovationstreiber, da hier ein hoher Anspruch an gesellschaftliche Themen wir Barrierefreiheit und Nachhaltigkeit umgesetzt und erprobt wird, der sich später in allgemeinen Baustandards niederschlägt.
Trotz und wegen des hohen Anspruchs sind öffentliche Bauten auch der Wirtschaftlichkeit verpflichtet. Hier ist es kein ungewöhnlicher Vorgang, dass man auf alternative Produkte und Ausführungen zurückgreift, wenn sich die ursprünglich angedachte Lösung im Zuge der Planung als zu kostenintensiv und damit als unwirtschaftlich herausstellt.
Der Steuerzahlen kann mit Fug und Recht erwarten, dass seitens der Projektbeteiligten sorgfältig abgewogen wird, ob es beispielsweise bei einem Natursteinboden bleibt, wenn ein alternativer Fliesenbelag bei ähnlichem optischem Erscheinungsbild, die Hälfte kostet!
Im vorliegenden Fall hat sich gezeigt, dass es erhebliches Einsparpotential bei der Fassade gibt. Dieses Einsparpotential liegt vor allem darin, den Anteil von Produkten, die von den Handwerksfirmen zugekauft werden müssen, zu reduzieren und durch handwerkliche Lösungen zu ersetzen, die technisch gleichwertig sind.
Die Unterkonstruktion, die die Fassadenverkleidung mit dem Rohbau verbindet, war ursprünglich als normiertes Industrieprodukt aus Metall geplant. Diese Unterkonstruktion wird jetzt als handwerklich gefertigte Holzkonstruktion ausgeschrieben. Diese hat einen rechnerisch schlechteren Wärmedurchgangskoeffizienten. Meine persönliche Meinung ist, dass es augenscheinlich seltsam ist, dass das bessere Material (Holz) den schlechteren Wert hat und meine Erklärung hierfür ist, dass das normierte Produkt einen Idealwert hat, wohingegen die Handwerkslösung mit Abschlägen leben muss, da ja nicht gewährleistet ist, wie und in welcher Qualität er Einbau erfolgt.
Insgesamt hat die Fassade dieselben Eigenschaften auch in Bezug auf den Wärmeschutz. Aus Kostengründen den Wärmeschutz zu reduzieren, ist im Sinne einer fachlich fundierten Abwägung nicht vorstellbar.
Dass auf karbonisiertes Holz verzichtet wird, ist eine Gestaltungsfrage. Ein lasiertes (Fachbegriff: vorvergrautes) Holz hat gleichwertige technische Eigenschaften in Bezug auf die Dauerhaftigkeit.
Da es sich bei dem geplanten Gebäude um eine Turnhalle mit einem Hort handelt, besteht hier kein besonders hervor zu hebendes repräsentatives Bedürfnis, wie es bei dem Bau eines Rathauses oder Konzertsaales der Fall wäre. Insofern ist eine sorgfältig geplante und ausgeführte Holzfassade hier völlig ausreichend und eine Verdoppelung der Budgetkosten unangemessen.
Insgesamt besteht die Aufgabe des öffentlichen Bauens nicht darin, „Hingucker“ zu erzeugen, sondern sorgfältig geplante und ausgeführte Bauten, die den baukulturellen Anspruch der jeweiligen Bauaufgabe angemessen abbilden.
„Low-Tech“ – sommerlicher Wärmeschutz:
Der Artikel suggeriert, dass die Minimierung der Haustechnik eine Verschlechterung der Innenraumtemperaturen zur Folge hat. Dies ist nicht richtig. Hier wird eine Lüftungsanlage mit einer Klimaanlage verwechselt. Tatsächlich wird auf eine Lüftungsanlage verzichtet, diese kühlt jedoch nicht. Um eine erfolgreiche Planung sicher zu stellen, wurden umfangreiche Berechnungen zu Frischluftversorgung und Wärmeverhalten des Gebäudes durchgeführt.
Diese Berechnung der Innenraumtemperaturen ist Teil eines ganzheitlichen Konzepts, das in dieser Tiefe einer aufwendigen Gebäudesimulation Teil des Vorplanungskonzepts war und bei anderen Bauvorhaben gar nicht durchgeführt wird. Hier wurde untersucht, wie mittels Nachtauskühlung, Ventilatoren u.ä. sommerliche Wärmespitzen abgefedert werden können und das in der Planung berücksichtigt.
Für die Planung bedeutet das, dass teilweise alternative Konzepte gefunden werden mussten.
So hat der Hort eine Betondecke, die üblicherweise mit einer Schallschutzdecke abgehängt wird.
Das hätte jedoch zur Folge, dass die Speichermasse der Decke für die Kühlung nicht aktivierbar ist. Daher wird eine Decke geplant, die mit hängenden Schallschutzelementen die Betondecke sichtbar lässt.
Das ist neu und beschreibt das, was ich eingangs mit Innovationstreiber gemeint habe.
Das heißt, hier wurde mehr gemacht und nicht weniger! Bzw. hier wurde tatsächlich über den sommerlichen Wärmeschutz weit mehr nachgedacht, als das sonst üblich ist!
Ralf Schloemilch, Sachgebietsleitung Hochbau, Gemeinde Vaterstetten