Ungerechtigkeiten begreifbar machen

von Catrin Guntersdorfer

An sechs Projekttagen, die kürzlich im Jugendkulturhaus ROUTE 66 in Haar durchgeführt wurden, konnten die 9. Klassen des Ernst-Mach-Gymnasiums (EMG) auf individueller Ebene erfahren, welche globalen Ausmaße unter anderem Hunger und Konsum, Armut, Klimakrise, Bildung und die Verteilung von Reichtum haben. In einfach Spielen unter dem Motto “WELT – MACHT – HUNGER” wurden hochkomplexe Strukturen auf einfache Ebene heruntergebrochen, so dass die wichtigsten Gründe des Konflikts veranschaulicht werden können. “Die Schülerinnen und Schüler spielen im ersten Teil Spiele gegeneinander und jeder vertritt dabei Menschen eines anderen Landes”, erklärt Lisa Birzer, Jugendsozialarbeiterin am EMG. “Dabei gehen sie mit unterschiedlichen Fähigkeiten ins Rennen und müssen nach unterschiedlichen Regeln spielen. Es ist von Anfang an klar wer gewinnt, da es nicht fair zugeht. Sie erleben also am eigenen Leib Ungerechtigkeiten und können nachempfinden, wie sich Menschen in Dritte-Welt-Ländern fühlen.”

Wer baut den höchsten Papierturm? Gemeinsam kommen die Schülerinnen und Schüler, die bei dem Spiel alle verschiedene Länder vertreten, ans Ziel. (Foto: Catrin Guntersdorfer/ B304.de)

In einem zweiten Teil des Projektes reflektieren die Klassen anschließend das Erlebte und sprechen über ihre Empfindungen. Gemeinsam werden Lösungen gesucht und in Form von Kooperationen gefunden. Abschließend werden dann Aktionen durchgeführt, in denen man nur gemeinsam, durch gegenseitiges Helfen und Zusammenarbeit, ans Ziel kommt. “Wir möchten hier vermitteln, wie wichtig Kooperationen sind und wie gut es einem auch selbst tut, wenn letztendlich alle gemeinsam ans Ziel kommen und es schaffen”, so Birzer. “Es ist doch schöner, als wenn man nur alleine in einer exponierten Position ist.” Langfristig erhoffen sich die Organisatoren bei den Jugendlichen einen Anstoß zum Umdenken, beispielsweise beim eigenen Konsumverhalten, zu bewirken. “Jeder soll sich am Ende überlegen, was er selbst machen kann, um auf die weltweite Ungerechtigkeit Einfluss zu nehmen und wenn es eben erst mal nur im ganz Kleinen ist.”

Beim Projekt wurde jedem Schüler eine Rolle zugeteilt. Manche bekamen die Biografie eines Menschen aus einem Dritte-Welt-Land, manche verkörperten Bewohner der reichen Länder. (Foto: Catrin Guntersdorfer/B304.de

Dem EMG als Nachhaltigkeitsschule ist dieses Thema ein besonderes Anliegen und will auch seine Schülerinnen und Schüler dafür sensibilisieren. “Es macht die Teilnehmer auf alle Fälle nachdenklich, wenn sie selbst einmal in die Rolle der Benachteiligten schlüpfen”, resümiert Doris Mayer, pädagogische Mitarbeiterin im Jugendhaus Rout66, im Anschluss an das Projekt. “Wenn nur ein kleines bisschen hängen bleibt, ist schon viel gewonnen. Und wenn es nur die Erkenntnis ist, dass man dankbar sein sollte, auf der richtigen Seite der Erdhalbkugel geboren worden zu sein.”