Der Gronsdorfer Paul Wieser (CSU) hat zum 1. Mai auf eigenen Wunsch den Gemeinderat verlassen. B304.de berichtete darüber. 21 Jahre hat er diese ehrenamtliche Aufgabe erfüllt und immer mit „großer Freude und politischem Interesse“. Jetzt soll die Familie im Mittelpunkt stehen, denn Wieser ist vierfacher Vater (Töchter im Alter von 10 bis 16 Jahre). In einem exklusiven Interview dürfen wir mehr über den engagierten 49-Jährigen erfahren.
Das aktuelle Thema, das die Schlagzeilen in Haar in der letzten Zeit beherrscht, ist der Schulcampus! Wie stehen Sie dazu?
Die Realschule soll und muss kommen. Ich bin der Meinung, es gilt nur eine wesentliche Frage zu klären: Die Kosten. Das Thema Standort ist ja aus Sicht der Gemeinde entschieden. Wobei ich betonen möchte, dass der Schulcampus, sollte er tatsächlich nach Gronsdorf kommen, diesen Ortsteil sehr verändern wird. Die Münchner (als Grundstückseigentümer Anm. d. Red.) möchten ja auch das gesamte Grundstück verwerten, also bebauen. Dazu ist wichtig, die Verkehrserschließung parallel zu betreiben, vor allem die Ordnung des Rappenwegs.
Wie finden Sie die momentane Entscheidung des Gemeinderats sechs Monate Details abzuklären?
Das finde ich grundsätzlich richtig und wichtig. Die abzuklärenden Punkte hatten wir ja auch weitestgehend auf unserem Antrag, den wir vor der Sitzung bei der Gemeinde eingereicht hatten.
Welche Projekte sind Ihrer Meinung nach gerade sonst noch wichtig in Haar?
Neben der Schullandschaft und den Kindergärten (die übrigens, egal wie viele wir eröffnen, immer voll sind), natürlich der Jugendstilpark. Diesen städtebaulichen Vertrag über 10 Jahre auf den Weg zu bringen, das ist etwas Besonderes. Ich bin schon gespannt, wie dieser neue Ortsteil einmal aussehen wird. Ein wahrlich großes Projekt.
Ansonsten wird Haar in den nächsten Jahren vielschichtige Herausforderungen haben, wie z.B. die Nachverdichtung. Geht man in den Bauten in die Höhe, also über das vierte und fünfte Stockwerk hinaus? Das Flüchtlingsthema und die Wohnungsnot wird beschäftigen, denn eine Traglufthalle ist keine Dauerlösung.
Größte Herausforderung wird in Zukunft die Finanzierung dieser Aufgaben werden. Darum muss die Einnahmesituation der Gemeinde verbessert werden. Dies kann zum Beispiel durch die Ansiedelung neuer Gewerbegebiete erreicht werden.
Wie verlief der Auszug aus der Gemeinde?
Ich habe meinen Schlüssel fürs Rathaus abgegeben. Natürlich sperrt der nur am Eingang, an der Tiefgarage und beim Fraktionszimmer. Bei den Amtsräumen natürlich nicht. Und bei der letzten Sitzung saß ich nach der Verabschiedung im Zuschauerbereich und meinen Stuhl am Tisch hat Andrea Weber, meine Nachfolgerin übernommen.
Werden Sie noch an Gemeinderatssitzungen als Gast teilnehmen?
Das habe ich gelegentlich schon im Plan, wenn es meine Zeit erlaubt. Vor allem wenn Themen, die mich interessieren auf der Agenda stehen.
Am Anfang als Gemeinderat saß ja auch noch Ihre Mutter als Mitglied dabei.
Das war noch unter Bürgermeister Helmut Dworzak. In dieser Zeit, Mitte der 90er Jahre, wurde ein Gesetz geändert, dass fortan zwei Mitglieder einer Familie, also mit erstem Verwandtschaftsgrad, gleichzeitig im Gemeinderat sein dürfen. Meine Mutter war so 12 Jahre im Gemeinderat. Wir hatten nicht immer die gleiche Meinung. Sie musste dann aus gesundheitlichen Gründen aufhören.
Ihr politisches Interesse liegt also in der Familie?
Ich war immer schon politisch interessiert und unter anderem JU-Vorsitzender der CSU Haar. Bei einer Gemeinderatswahl war ich dann 21ter auf der Liste und rutschte hinein, so als Lückenbüßer. Parallel habe ich in Weihenstephan studiert und bin Dipl. Agrar-Ingenieur (FH).
Wie sehen Sie die Konfrontation der Parteien CSU und SPD in Haar?
Eigentlich liegen sie mit ihren Meinungen in vielen Fällen nicht weit auseinander. Ich war und bin immer für Ausgleich und für konstruktives Zusammenarbeiten, um Lösungen für Haar und dessen Bürgerinnen und Bürger zu erzielen.
Und Ihr Verhältnis zu Bürgermeisterin Gabriele Müller?
Wir schätzen uns gegenseitig sehr. Unsere Einstellung ist ähnlich, wir suchen nach Lösungen und wünschen eine gute Zusammenarbeit parteienübergreifend. Wir haben politisch natürlich nicht immer die gleichen Interessen, aber das stört nicht.
Und die Grünen?
Am Anfang war die Zusammenarbeit eher distanziert. Mit der Zeit ist eine gegenseitige Achtung und ein gutes Miteinander entstanden. Ich persönlich schätze Mike Seckinger als Fraktionsvorsitzenden sehr. Ich bin der Meinung, man kann mit allen gut zusammenarbeiten.
Sie waren damals für die Kommunalpolitik ganz schön jung?
Genau das hat mir Spaß gemacht. Man wird kommunalpolitisch mit Themen konfrontiert, auf die man im Beruf nicht stößt. Beispielsweise soziale Themen, wie Schulen und Kindergärten. Mein Lieblingsthema ist natürlich das Bauen. Da konnte ich mich auch gut einbringen. An der Kommunalpolitik gefällt mir das sofortige Feed-Back. Mein Fazit ist: „Ich habe viel gelernt“.
Aus Ihrer Familie ist noch Susanne Wieser in der CSU-Frauenunion?
Das ist meine Schwester, nicht meine Frau und wird häufig verwechselt. Sie engagiert sich für soziale Aktionen und Projekte in der Gemeinde.
In den CSU-Vorstand wollen Sie nicht?
Nein, das war stets mein Wunsch, da ich einfach die Zeit dafür nicht habe. Man ist mit der Fraktion eh schon öfter zusammen als mit der eigenen Ehefrau. Meistens bleibt es nicht bei zwei Abenden in der Woche.
Ist es jetzt auch ein politischer Ausstieg?
So kann man das nicht sagen. Ich bin nur nicht in der aktiven Politik. CSU-Mitglied bin und bleibe ich. Jetzt braucht mich meine Familie und das ist meine Priorität. Wer weiß, vielleicht habe ich ich in einigen Jahren wieder Zeit, aktiv einzusteigen.
Welche Hobbies haben Sie?
Ich mache gerne Sport und Aktivitäten mit meiner Familie. In der Vergangenheit war mein politisches Engagement mein wichtigstes Hobby.
Worauf führen Sie Ihre Beliebtheit im Gemeinderat und bei den Bürgern zurück?
Das kann ich nicht sagen, da müssen Sie die anderen fragen. Für mich ist es wichtig, die Bürger ernst zu nehmen, sie anzuhören. Ich mag nicht taktieren, sondern mit gerader Linie und Ehrlichkeit vorwärts gehen. Man sagt auch mal, dass etwas nicht geht.
Was machen Sie sonst noch?
Ich bin Geschäftsführer einer Genossenschaft von 130 Landwirten. Die Landwirte haben vor acht Jahren das Lagerhaus in Feldkirchen gekauft. Diese Aufgabe nimmt auch Zeit in Anspruch. Eine große Leidenschaft verrate ich Ihnen noch: Die Kirche in Gronsdorf. Es ist Tradition in unserer Familie und auf unserem Hof, Mesner zu sein. Ein Familienprojekt sozusagen, meine Mutter schmückt zu Feiertagen die Kirche und meine Töchter ministrieren. Ich bin Mesner, so wie mein Vater und Großvater zuvor.
Paul Wieser, herzlichen Dank für das Gespräch.