In Zeiten von Rekord-Spritpreisen ist der Verzicht aufs Auto in aller Munde, doch dafür benötigt man eine praktikable Alternative zum eigenen Fahrzeug. Wie steht es um den ÖPNV in den Gemeinden Vaterstetten und Grasbrunn? Wir haben uns den Ausbau des Netzes und die Fahrpläne angeschaut.
Wer an der S-Bahn wohnt, ist im Vorteil
Ganz klar: Wer an einer der S-Bahn-Linien wohnt, hat es gut: Jeden Tag geht es im 10- bis 20-Minuten-Takt in die Stadt, und das bis spät Abends. Wer nicht das eigene Rad vom Bahnhof nehmen möchte, kann mit den innergemeindlichen Bussen weiterfahren – in Vaterstetten und Baldham dreht die Linie 451 ihre Runden – aktuell noch als Kreisverkehr, allerdings nur montags bis freitags. Bequemer haben es da die Neukeferloher: Unweit des S-Bahnhofs Vaterstetten fährt die Linie 240 ab (zu Hauptverkehrszeiten alle 20 Minuten), die den Bahnhof mit Neukeferloh, Grasbrunn und Harthausen verbindet.
Spürbarer Unterschied zwischen den Landkreisen
Um diese Linie zu erreichen, muss man gut 350 Meter vom Bahnhof gehen – dabei wäre ein direkter Anschluss durchaus praktisch. Doch der Bus verkehrt nur innerhalb des Landkreises München – und so muss man laufen, um den Anschluss zu erreichen. Generell fällt auf, dass der Takt der Buslinien in Grasbrunn deutlich dichter ist: Die besagte Linie 240 fährt alle 20 Minuten, samstags alle halbe Stunde. Montags bis freitags gibt es einen Anschluss von Grasbrunn aus bis Neubiberg und Neuperlach Süd und damit an U- und S-Bahn. Mit der Linie 243 kommt man bequem alle 20 bis 40 Minuten von Haar bis Neukeferloh – und das bis spät Abends: Bis 1 Uhr Nachts fährt der Bus montags bis samstags. Bis Grasbrunn kommt man bis ca. 23 Uhr.
Nichts für Nachtschwärmer
In der Gemeinde Vaterstetten schaut das anders aus: Die letzten Busse fahren wochentags schon gegen 21 Uhr – wer später unterwegs sein möchte oder seinen Anschluss verpasst und in den Dörfern ohne S-Bahn wohnt, braucht ein Taxi oder muss mit dem Rad fahren. Ohne Auto oder Fahrrad ist es unmöglich, nach 21 Uhr von oder nach Purfing, Neufarn oder Weißenfeld zu kommen.
Ohne Auto geht es nicht
Wer doch aufs KFZ verzichten möchte, braucht ein Fahrrad. Wer kein eigenes besitzt, muss laufen. Dabei gibt es Bikesharing-Angebote: In Haar sieht man sie an vielen prominenten Stellen: die blauen Räder der MVG. Mit ihnen kann man flexibel durch die Gemeinde Haar fahren, unter anderem bis Salmdorf und Ottendichl – rund um die Uhr, selbst, wenn kein Bus mehr fährt, etwa als Anschluss an den Nachtbus. In Grasbrunn sprach man sich gegen eine Einführung aus – zu hoch seien die Kosten und zudem besäßen viele Gemeindebürger ein eigenes Rad. In Vaterstetten wollte man die Einführung 2019 prüfen – mit dem Bewusstsein, dass die Einführung teuer werden könnte. Mit der Einführung eines Bikesharing-Systems würde man die Gemeindeteile rund um die Uhr flexibel erreichbar machen. Gerade diese intermodalen Angebote, wie sie in der Landeshauptstadt oder unserer Nachbargemeinde Haar schon etabliert sind, erleichtern den Umstieg auf die Öffentlichen.
Langsam wird es besser
Es gibt auch positive Beispiele: Der Vaterstettener Gemeinderat stimmte kürzlich zu, die Linie 451 innerhalb Baldhams und Vaterstettens zu verbessern – künftig soll sie in zwei Richtungen betrieben werden, alle 40 Minuten. Durchschnittlich kommt also alle 20 Minuten ein Bus. Dafür nimmt man viel Geld in die Hand, denn ein zweites Fahrzeug ist für den Betrieb nötig. Mit der Linie 459 sind Neufarn, Parsdorf und Weißenfeld wochentags an die Messestadt und somit an die U-Bahn angebunden. Die Linie wurde in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Poing geschaffen. Dass Gemeinden gemeinsam an der Verbesserung des ÖPNV arbeiten, ist nicht selbstverständlich, wie der vorig erwähnte Fußweg vom Vaterstettener Bahnhof bis zur Linie 240 zeigt.
Nur mit Investitionen geht es voran
Vorausschauend denken ist also nötig, gerade angesichts der langwierigen Ausschreibungsprozesse. Auch, wenn die Situation gerade in Vaterstetten nicht ideal ist: Dass das Angebot ausgebaut werden muss, hat man erkannt. Es werden Konzepte und Ideen erarbeitet, die für einen zunehmend attraktiveren ÖPNV in den Gemeinden sorgen. In den Gremien hat man inzwischen erkannt, dass man für einen guten ÖPNV Geld in die Hand nehmen muss – trotz klammer Gemeindekassen.