Naturschutzprojekt: Eglfinger Weiher

von b304

In einer Kooperation zwischen Bezirk und Gemeinde, soll der Eglfinger Weiher im Rahmen eines Naturschutzprojektes zurück zum ökologischen Gleichgewicht finden. “Der kleine Weiher ist ein echtes Idyll – und bei der Haarer Bevölkerung sehr beliebt. Doch was man ihm auf den ersten Blick nicht ansieht: Im Gewässer herrscht ein ökologisches Ungleichgewicht”, so das Rathaus Haar in einer Mitteilung. Jetzt werden Maßnahmen ergriffen, die den Weiher sogar zu einem wichtigen Artenschutz-Projekt für Oberbayern machen sollen.
„Es ist ein tolles Gewässer, gut konzipiert und gestaltet für einen künstlichen Weiher.“ Dr. Leonhard Egg von der Fachberatung für Fischerei des Bezirks Oberbayern ist voll des Lobs für den Eglfinger Weiher. Angelegt wurde das Gewässer Anfang der 2000er, als nördlich der Bahn der neue Gemeindeteil Eglfing mit Wohnen, Gewerbe und Sport immer weiterwuchs. Doch es gibt etwas, was man dem Weiher von außen nicht ansieht: Die Natur ist dort aus dem Gleichgewicht geraten. Der Auslöser dafür: der Mensch.
Ausgesetzte Goldfische starten Kettenreaktion
Im Wasser tummeln sich Goldfische, illegal ausgesetzt, mutmaßlich von Gartenteichbesitzern. Die Tiere werden von der Bevölkerung gefüttert und damit startet eine Kettenreaktion: Die Goldfische, die keine heimische Art sind, vermehren sich rasant. Der Kot der Tiere sinkt zu Boden, lässt die Pflanzen wuchern.
Im Fall von Eglfing ist es das Tausendblatt und vor allem die Wasserpest, eine einjährige Pflanze, die enorm wuchert und den Weiher in den warmen Monaten bereits nahezu komplett bedeckt. Sobald sie abstirbt, sinken auch ihre Reste zu Boden und werden so zum Nährboden einer noch größeren Verbreitung im kommenden Jahr.
Dringender Appell: Nicht füttern!
„Das Problem ist: Es wird insgesamt alles zu viel und das Wasser kippt“, erläutert Haars Umweltamtsleiter Andreas Nemetz. Sein dringender Appell an die Bevölkerung lautet deshalb, keine Goldfische mehr auszusetzen und auf gar keinen Fall mehr zu füttern – weder die Fische noch die
Enten. Doch jetzt sind zunächst einige Maßnahmen notwendig, damit der Weiher heilt.
Pflanzen raus, Raubfische rein
Als erstes wird nun der Bauhof anrücken, der extra eine Art Anker gebaut hat, um die wuchernden Pflanzen mit hohem manuellem Aufwand aus dem Weiher zu reißen. Danach tritt die Fachberatung für Fischerei auf den Plan: Sie setzt sogenannte Prädatoren ins Wasser. Das sind Raubfische, die den Golfischbestand nachhaltig auf ein verträgliches Maß reduzieren sollen. Im Fall von Eglfing werden bis zu acht Hechte in unterschiedlicher Größe sowie einige Barsche ausgesetzt. „Wir entnehmen die Fische dem Klostersee bei Seeon“, erklärt Dr. Egg. Der See ist im Besitz des Bezirks Oberbayern und ein echtes Referenzgewässer. „Die Fische von da sind von besonderer Qualität“, so der Fachmann.
Langer Prozess
Dieser Ansatz, der in der Fachsprache „Biomanipulation“ heißt, ist alles andere als eine „Hauruck-Methode“: Es werde sicherlich einige Jahre dauern, bis der Bestand der nicht heimischen Beutefischen ausreichend reduziert ist. „Es ist ein Versuch und eine sanfte Methode, die hoffentlich erfolgreich ist“, sagt Dr. Egg.
Bedrohte Arten ansiedeln
Der Eglfinger Weiher soll durch die Haarer Kooperation mit dem Bezirk aber nicht nur gerettet, sondern in diesem Zuge auch gleich zu einem nahezu einmaligen Naturschutzprojekt werden. Denn bald sollen sich hier vom Aussterben bedrohte Arten ansiedeln: heimische Edelkrebse und Malermuscheln. Heimische Edelkrebse
„Früher gab es Edelkrebse bei uns in praktisch allen Gewässern, bis Ende des 19. Jahrhunderts der nordamerikanische Signalkrebs erstmals in Itatien ausgesetzt wurde,“ erklärt Dr. Leonhard Egg. Der verbreitete sich nicht nur enorm, sondern war Träger einer Pilzerkrankung (Krebspest), gegen die das Tier selbst immun ist. Aber die heimischen Krebse sind daran verendet. Der Bestand ist heute – bis auf einige geschützte und abgetrennte Gewässer – ausgestorben. Bis heute wurde kein Mittel gegen die Pilzerkrankung gefunden.
Der Bezirk Oberbayern hat bereits einen Edelkrebsbestand in einem Erdinger Baggersee. In Haar soll nun ein zweiter entstehen. Der Eglfinger Weiher ist dafür aus mehreren Gründen ideal: Zum einen ist die Nähe zur Fachberatung für Fischerei, die nur wenige Meter entfernt neben dem Kleinen Theater im Jugendstilpark angesiedelt ist, optimal. Zum anderen sind im Weiher seit jeher mit Steinen gefüllte Gabionen eingesetzt – damit ist das Zuhause für die Krebse praktisch schon gerichtet.
Malermuschel
Die zweite Art, die in Eglfing heimisch werden soll, ist die Malermuschel. Sie ist ebenfalls bestandsbedroht und gilt als „natürlicher Filter“ der Gewässer. „Sie filtern den ganzen Tag das Wasser, indem sie es einsaugen und gereinigt wieder ausstoßen – und vollbringen damit eine wertvolle Ökosystem-Dienstleistung“, erklärt Dr. Egg. Schon alleine dadurch wird der Weiher enorm aufgewertet.
Kooperation mit Potenzial
So macht das Haarer Umweltamt gemeinsam mit der Fachberatung für Fischerei des Bezirks Oberbayern aus der Not eine Tugend. Oder besser gesagt: ein echtes Vorzeige-Naturschutzprojekt in Sachen Erhalt seltener heimischer Arten. Nachfolgeprojekte und weitere Kooperationen?
Unbedingt erwünscht.

Hier gut zu sehen: das Ausmaß der wuchernden Wasserpest im Weiher. (Foto: Gemeinde Haar)