Am gestrigen Donnerstag wurde das Maßnahmenpaket zur Unterstützung der Kinderbetreuungseinrichtungen in der Gemeinde vom Gemeinderat verabschiedet. 400.000 Euro werden zur Unterstützung von Kinderbetreuungseinrichtungen frei gemacht. Das Maßnahmenpaket ist das Ergebnis aus zwei runden Tischen. Das Interesse war groß – die Sitzung wurde vom Sitzungssaal in den Lichthof des Rathauses verlegt.
Ins Leben gerufen wurden die Dialogrunden aufgrund massiver Proteste. Zunächst wurden Vorschläge erarbeitet, aus denen dann ein Konzept erarbeitet wurde. Dieses wurde dann beim zweiten Runden Tisch vorgestellt, es gab jedoch noch offene Fragen (wir berichteten).
Zuschussmodell soll für mehr Betreuung sorgen
Nun stand das „Vaterstettener Zuschussmodell“ zur Abstimmung – leicht verändert. Statt 200€ soll es 165€ pro Kind und Einrichtung geben, dies ergeben neue Berechnungen. Dies gilt für Krippen, Kindergärten und Horteinrichtungen. Multipliziert wird der Betrag mit der Belegungsquote. Das bedeutet: eine Einrichtung mit 100 genehmigten Plätzen und 100 tatsächlich betreuten Kindern zum Stichtag Ende März erhält den vollen Betrag von 16.000 Euro. Eine Einrichtung mit 125 genehmigten Plätzen, aber nur 100 belegten Plätzen (80%) hingegen nur 12.800 Euro. Besonders berücksichtigt werden Krippen- und sogenannte i-Kinder, also Kinder mit besonderem pädagogischen Förderbedarf. Hier werden Plätze rechnerisch doppelt, beziehungsweise dreifach belegt. Nachdem der „Betrag pro Kind“ anhand der tatsächlichen Auslastung der Einrichtung errechnet wurde, wird noch betrachtet, wie viele Kinder aus Vaterstetten kommen – nur dann wird der Zuschuss an die Einrichtung ausgezahlt. Dies entspricht den Vorstellungen von Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU), der schon beim zweiten Runden Tisch betonte, Hauptaufgabe der Gemeinde sei die Betreuung von in der Gemeinde wohnender Kinder. Er sieht auch die Eltern in der Pflicht, sich „partnerschaftlich“ finanziell zu beteiligen, um die Kosten der Betreuung zu stemmen.
Beispielrechnung: so berechnet sich der Zuschuss
Anhand folgendem Beispiels soll die Berechnung der Zuschusshöhe veranschaulicht werden.
Eine Einrichtung hat 125 genehmigte Plätze. Tatsächlich ist diese am Stichtag nur mit 100 Kindern belegt. Es werden 62 Regelkinder, 20 Krippenkinder sowie 6 i-Kinder betreut. Nicht aus der Gemeinde stammen 2 Regel- und 8 Krippenkinder sowie 1 i-Kind.
Zunächst wird der Betrag pro Kind errechnet. Bei der Berechnung der Belegungsquote werden gemeindefremde Kinder berücksichtigt.
Betreute Kinder: 62 Regelkinder x Faktor 1 + 20 Krippenkinder x Faktor 1 + 6 i-Kinder x Faktor 3 = 62+20+18 = 100 belegte Plätze
Belegungsquote: 100 belegte Plätze / 125 genehmigte Plätze = 80%
Die 165€ werden nun mit dem Belegungsfaktor multipliziert:
0,8 * 165 Euro = 132 Euro pro Kind
Da der Zuschuss nur an Gemeindekinder sowie Kinder von Einrichtungsmitarbeitern ausgezahlt wird, wird nun die Zuschusshöhe berechnet, hierbei werden Krippenkinder doppelt berücksichtigt.
Anzahl Gemeindekinder: 60 Regelkinder + 12 Krippenkinder x Faktor 2 + 5 i-Kinder x Faktor 3 = 60+24+15 Vaterstettener Plätze = 99 Plätze
Zuschuss: 99 x 132 Euro = 13.068 Euro.
Auch die Mittagsbetreuungen gehen nicht leer aus. Anders als nach Belegung wird hier ein Pauschalzuschuss von 3000 (bis zu 80 Plätzen) bis 5000 (ab 81 Plätzen) ausgezahlt. Stichtag ist hier Anfang Oktober.
In der Verwendung der Mittel seien die Träger hierbei frei, der Fantasie seien dabei wenig Grenzen gesetzt, so der Bürgermeister, der Beispiele nannte: Die Hälfte der München-Zulage könnte etwa durch den gemeindlichen Zuschuss finanziert werden. Auch Assistenzkräfte, zum Beispiel in der Verpflegung, könnten eingesetzt werden. Die „Probleme und Herangehensweisen“ seien sehr heterogen und entscheiden sich von Einrichtung zu Einrichtung, so Spitzauer, es sei wichtig, dass man nichts vorschreibe.
Als Zeichen der Wertschätzung soll das Betreuungspersonal künftig ermäßigten Eintritt im Schwimmbad zahlen und die Bücherei kostenfrei nutzen können. Nach dem Betreuungsjahr soll das Personal Vaterstettener Einkaufsgutscheine erhalten.
So wird das Paket finanziert
Man spart an anderer Stelle und reduziert die allgemeine Deckungsreserve. Komplett gestrichen wird nach nur zwei Jahren das Bürgerbudget, genauso wie der Zuschuss an die Montessori-Schule in Niederseeon. 20.000 Euro erwartet man durch niedrigere Strompreise für die Straßenbeleuchtung und 50.000 Euro durch gestiegene Zinsen auf das Kassenguthaben der Gemeinde. Das Bürgerbudget wird es – nach nur zwei Jahren – nicht mehr geben. Dies tue weh, so SPD-Fraktionschef Josef Mittermeier, viele Streichposten seien „kritisch“ – 400.000 Euro aus dem Haushalt zusammenzutagen sei nicht einfach.
Für das „unheimlich komplexe Thema“ habe man einen „hervorragenden Lösungsansatz“ gefunden, so Klaus Willenberg (FDP). Es handle sich um eine Priorisierung im Haushalt, die Deckungsfässer werden massiv verringert. Zwar würden die für die Auszahlung verwendeten Zinsen auf den Kassenbestand steigen, doch bei Schuldzinsen sei dies auch der Fall. Willenberg mahnte deshalb zur Disziplin beim Haushalt, die Maßnahme sei jedoch „richtig“. Welche Auswirkungen die hohen Ausgaben haben, machte der Bürgermeister deutlich: zukünftig müssen für die Beantragung größerer Ausgaben immer Gegendeckungsvorschläge eingebracht werden.
Man will weiter tagen
Um weiter in Dialog zu bleiben beschloss der Gemeinderat die Gründung eines „Bildungs- und Kitagipfels“. Anders als beim Runden Tisch gefordert sollen diese strukturierten Dialogrunden nicht für Alle geöffnet werden, um „das Gremium nicht so stark aufzublähen“.
CSU: „Können das Problem nur lindern“
Aus dem Gemeinderat gab es viel Lob für die Zuschussmaßnahme, etwa vom CSU-Fraktionssprecher Michael Niebler. Aus eigener Macht könne die Gemeinde das Betreuungsproblem nicht lösen, so Niebler. Zum einen sei die Gemeinde selbst kein Träger, zum anderen wäre sie als solcher mit den gleichen Problemen konfrontiert, „also können wir es nur lindern“. Der Erarbeitungsprozess des Vorschlags sei „mustergültig“ und habe sehr zur Befriedung der Situation beigetragen. Niebler lobte die „super Leistung“ von Bürgermeister und Verwaltung, das Konzept könne sich sehen lassen.
SPD will Zuschuss pro Kind
„Kinder sind unsere Zukunft“, so Annika Deutschmann (SPD), selbst Leiterin einer Kinderbetreuungseinrichtung. Sie sei froh, dass was für Kinder getan werde. Grundsätzlich sei das Modell „nicht ganz schlecht“. Wichtig sei es, Personal langfristig zu halten. Es gäbe jedoch Kleinigkeiten, woran sie sich störe – Migrationskinder, die einen höheren Betreuungsaufwand haben, seien nicht berücksichtigt. Es gäbe viele Kinder, „die nicht ein Wort Deutsch können“. Der Aufwand sei in der Praxis deutlich höher als der 1,3-fache Förderfaktor nach BayKiBiG, in der Richtlinie fände er gar keine Berücksichtigung. Deutschmann sieht eine Benachteiligung „reiner Kindergärten“, Einrichtungen mit i-Kindern und Krippen „werden bevorteilt, da stimmt für mich die Wertigkeit nicht“. Ihre Fraktionskollegin Cordula Koch stimmte ihr zu: „es ist wirklich eine Doppelförderung“. Statt möglichst viele Kinder aufzunehmen wäre man als Einrichtung bestreibt, möglichst viele i-Kinder aufzunehmen. „Wir möchten, dass viele Kinder aufgenommen werden“. Mit 200€ habe man „Anfangs höhere Erwartungen geweckt“, so Maria Wirnitzer (ebenfalls SPD). Jetzt passe es nicht mehr für alle Einrichtungen gleichermaßen, „das ist immer schwierig“, so die Gemeinderätin. Jasmin Marussis-Kley, Leiterin des Amts für Familie, Jugend und Bildung entgegnete, man wolle keine Einrichtungen benachteiligen, die Inklusionskinder aufnehmen. Der Faktor entspreche dem erhöhten Betreuungsaufwand und sei auch nicht höher angesetzt. Ziel sei ein einfaches Modell.
Josef Mittermeier (SPD) schlug eine Änderungen vor, denn man müsse sich aufs „Belegunsproblem fokussieren.“ Die Anschaffung von Spielgeräten sei zwar toll, jedoch nicht zweckmäßig, daher soll dieser Zuschusszweck aus der Richtlinie gestrichen werden. Zudem beantragte er, dass die nur „personalbezogene Fördermaßnahmen“ möglich sind. Am Ende gehe es darum, dass das Personal gehalten werde. „es ist nicht so, dass Geld vom Himmel fällt“. Bürgermeister Spitzauer betonte, man wolle erst das Maximale freigeben, und dann evaluieren, was die Träger daraus gemacht hätten. Der Änderungsantrag der SPD fand keine Mehrheit.
Grüne fordern mehr Transparenz
David Göhler (Grüne) bezeichnete den Entwicklungsprozess als „Monsterarbeit“ und lobte das Modell. Den Trägern die Freiheit bei der Mittelverwendung zu geben, sei richtig. Weiter als von der Verwaltung vorgeschlagen wolle er beim Berichten gehen: Es solle explizit dargestellt werden, wie viele ausgefallene Stunden es pro Jahr gebe, „damit wir sehen können: tut sich was?“. Denn man gebe das Geld ja zweckgebunden aus: „die Betreuungszeiten sollen verbessert werden“. Ähnlich sah es der Rest des Gremiums, etwa Maria Wirnitzer: „sonst sind wir wieder da, wo wir jetzt sind“. Den Antrag, die Ausfallstunden bei der Evaluation besonders zu berücksichtigen, wurde einstimmig angenommen.
Zuschuss noch in diesem Jahr
Ebenfalls einstimmig wurde das Zuschussmodell beschlossen. Die Richtlinie tritt nun Anfang August in Kraft. Für die Verwendung des Zuschusses haben die Einrichtungen je drei Jahre Zeit, er kann also angespart werden.