Die Nachricht ist nicht neu, aber nicht weniger dringlich geworden: Die städtischen Kliniken beabsichtigen, den Kreißsaal in Neuperlach mit dem in Harlaching Ende 2024 zusammenzulegen. Nur ein Stadtratsbeschluss, der demnächst ergehen soll, könnte das noch abwenden. Einige Hebammen haben nun im Haarer Rathaus politischen Vertretern aus dem Münchner Osten erläutert, welche Auswirkungen das für die Region hätte – und Unterstützung erbeten.
Acht Kilometer – das klingt nicht nach einer besonders großen Entfernung. Fragt man jedoch eine Frau in den Wehen auf dem Weg in die Klinik, dann ist das eine enorme Distanz. Acht Kilometer mehr müssten Gebärende aus dem Münchner Osten zurücklegen, um in den nächstgelegenen Kreißsaal einer Klinik zu kommen – wenn die München Kliniken ihr Vorhaben umsetzen und die Neuperlacher Geburtsstation mit der im Klinikum Harlaching zusammenlegen.
In diesem Zusammenhang weisen die Hebammen expliizit darauf hin, dass es auch mit der Schließung des Neuperlacher Kreißsaales, der übrigens 2012 komplett saniert wurde und top ausgestattet ist, nicht weniger Geburtsplätze bei den München Kliniken gibt. In Harlaching können nach der Zusammenlegung
4.000 Geburten im Jahr stattfinden – das entspricht der Summe der beiden Kliniken.
Doch es gibt einige Gründe, warum die Hebammen der München Klinik Neuperlach trotzdem für den Erhalt ihrer Station kämpfen. Dafür haben sie bereits eine Petition mit über 22.000 Unterschriften eingereicht. Im Haarer Rathaus hörten nun die drei Bürgermeister Dr. Andreas Bukowski (Haar), Leonhard Spitzauer (Vaterstetten) und Andreas Janson (Feldkirchen) sowie Stefan Ziegler, Vorsitzender des Bezirksausschuss Trudering-Riem ihr Anliegen.
Neuperlachs besondere Ansätze
Zwischen 1.300 und 1.400 Babys erblicken jedes Jahr im Kreißsaal der Klinik Neuperlach das Licht der Welt. Ein Drittel aller Mütter, die hier entbinden, stammen aus dem Landkreis München und Ebersberg. Das liegt zum einen an der erwähnten Entfernung. Ein weiterer Grund, warum sich werdende Eltern
für Neuperlach entscheiden, ist die Art, wie man in diesem Haus Geburten angeht. „Wir wollen hier gesunde Familien entlassen“- das betonen die insgesamt fünf Frauen vom Geburtsteam, die den Weg ins Haarer Rathaus gefunden haben.
Was das übersetzt bedeutet?
In Neuperlach liegt die Kaiserschnittrate gerade einmal bei 15 Prozent – so wenig wie nirgendwo anders in München. Allerdings können hier auch nur „Niedrig-Risiko-Geburten“ stattfinden – was jedoch die
absolute Mehrzahl aller Geburten ist. „80 Prozent der Geburten brauchen weder Kinderarzt noch Intensivbehandlung. Die meisten Frauen haben keine Komplikationen bei der Geburt zu erwarten“, erklären die Hebammen.
Level 1 in Technik, dafür weniger Hebammenbegleitung
Was für jede Gebärende allerdings wünschenswert wäre, sei eine durchgehende Hebammenbegleitung, sind sich die Gebursthelferinnen sicher. In großen Geburtskliniken, also auch nach der Zusammenlegung der beiden Münchner Kreißsäle, gibt es zwar sogenannte Level-1-Ausstattungen, die bei allen Komplikationen greifen. Doch der Betreuungsschlüssel durch die Hebammen ist in der neuen Konstellation nicht mehr haltbar – übrigens ist das aber ein absoluter Gradmesser bei der Zufriedenheit der werdenden Mütter, Zentralisierung auf Kosten der Hebammen.
Warum also ist die Zusammenlegung geplant?
Das hat wirtschaftliche Gründe – auch das sei nachvollziehbar. Über allem schwebe das große Konzept der Zentralisierung, das sich die München Kliniken gegeben haben. Nicht zuletzt geht die Zusammenlegung aber auch auf Kosten der Hebammen. Zum einen sind sie in Neuperlach festangestellt und in Harlaching freiberuflich – und beide Seiten wollen das auch so behalten. München Klinik hat derzeit noch kein Konzept kommuniziert und so gibt es keine klare Perspektive bemängelt
das Geburtsteam.
Unterstützung zugesagt
Im Moment läuft eine Evalution, das Ergebnis soll noch im Herbst vorliegen. Im Januar ist dann der Entschluss des Stadtrats angesetzt. Damit könnte die Geburtsstation in Neuperlach eventuell bis 2028 weitermachen. Das Ziel der Hebammen ist aber: eine dauerhafte Erhaltung ihres Kreißsaals. Sich dafür
einzusetzen, lautet auch ihr Appell an die Politiker des Münchner Ostens. Und die haben im Haarer Rathaus allesamt zugesagt, genau dieses Anliegen zu unterstützen.