„Wer Jogginghosen trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren“, dieser Satz stammt vom verstorbenen Modedesigner Karl Lagerfeld. Das war allerdings vor Corona. Auch wenn sich in den Entwürfen der Modedesignerin Silvia Wintergerst kein bequemer Jogger finden lässt, ist bei der Baldhamerin, in diesen verrückten Zeiten, dieses Kleidungsstück nicht gänzlich verpönt.
Elegant, fließend, mit weiblichen Silhouetten, oftmals Volants und Rüschen. So beschreibt Designerin Silvia Wintergerst ihre Mode, die sie in ihrem Atelier in Baldham entwirft. Mode, die sich in bekannten Hochglanzmagazinen wie „ELLE“ oder „Vogue“ wiederfindet. „Dadurch, dass meine Entwürfe extravagant und aber auch state of the art sind, bekomme ich unheimlich viele Anfragen von Fashionstylisten, die meine Kleider für Editorial-Shootings wollen”, erzählt uns Silvia Wintergerst, die sich schon in ihrer frühen Kindheit für Mode interessierte. „Meine Mutter war Handarbeitslehrerin und hat mir das Nähen beigebracht. Ich habe mich bei ihr immer durch die Schnitte gewühlt“, erinnert sie sich zurück: „Aber wie Mütter so sind, hat sie mir geraten, ich solle etwas Richtiges lernen – das werde ich meinen beiden Töchtern auch so sagen.” Diesen Rat befolgte Wintergerst, die mit ihrem Mann bereits seit 13 Jahren in Baldham wohnt, und wurde zunächst Betriebswirtin und Fremdsprachenkorrespondentin, arbeitete als Produktmanagerin in einem Technologieunternehmen. „Das Interesse für Mode hat mich aber nie losgelassen und als dann meine Kinder auf der Welt waren, hab ich vor fünf Jahren Modedesign in München studiert und meine alte Berufswelt komplett hinter mir gelassen.” Mit Erfolg: Bereits 2019 nahm Silvia Wintergerst am „Leipziger Opernball Fashion Award“ teil und kam mit ihrem Abendkleid bei über 100 Teilnehmern unter die besten drei. Während Glamour oft mit Übertreibung verwechselt wird, überzeugte die Baldhamerin mit einer wunderschönen Abendrobe in unifarbenem Tüll die Jury. Leider machte Corona auch Wintergerst einen Strich durch die Rechnung. „Ich hätte jetzt eigentlich zwei Modeschauen gehabt, gerne richtig losgelegt auf den Laufstegen und mich der Öffentlichkeit gezeigt”, bedauert Wintergerst. „Aber das wird nach Corona alles kommen!”
Bis dahin entwirft sie weiter fleißig ihre Designs für modebewusste Frauen, die gerne etwas Außergewöhnliches tragen, auch wenn gerade nicht die Zeit für große Auftritte ist. Ist doch im vergangenen Jahr der Verkauf von Jogginghosen um 40 Prozent gestiegen, der Umsatz bei Anzügen um 60 Prozent zurückgegangen. „Es entsteht gerade ein ganz neuer Style, in dem die Jogginghose, kombiniert mit einer eleganten Bluse, durchaus auch in der Öffentlichkeit angesagt ist. Die Jogginghose ist nicht mehr so verrufen wie bei Lagerfeld!”, so Wintergerst, die sich trotzdem, was ihre Entwürfe betrifft, nicht dieser Entwicklung anschließen wird. „Meine Mode unterliegt nicht solchen Trends. Natürlich muss es für mich aber zu Hause auch etwas gemütlicher sein – bequeme Homeoffice-Kleidung eben.”
Jede freie Minute nutzt Silvia Wintergerst, um Entwürfe anzufertigen und zu nähen. „Sobald ich ein wenig Ruhe habe setze ich mich hin und lege los.” Dabei ist sie froh, dass sie keinem Zeitdiktat unterliegt. „Die Modebranche ist wahnsinnig aufgebläht. Mindestens vier Mal im Jahr muss eine neue Kollektion herausgebracht werden – bei großen Modeketten sogar 14 Mal. Diesen Druck habe ich Gott sei Dank nicht!” Und auch der Schnelllebigkeit, die Social-Media-Plattformen mit sich bringen, kann Wintergerst, die den 2010 verstorbenen Designer Alexander McQueen bewundert, nicht viel abgewinnen. „Natürlich verfolge ich das, was einige Blogger auf ihren Accounts veröffentlichen und lasse mich davon inspirieren. Trotzdem muss niemand den Style eines anderen kopieren. Jeder soll seinen eigenen Stil finden!” Das versucht die Baldhamer Modedesignerin schon ihren beiden Töchtern beizubringen, von denen die jüngere ganz begeistert von langen Kleidern und Tüll ist, während die ältere gerne Fußballtrikots trägt.
Einen Tipp hat Silvia Wintergerst noch an alle Frauen, die vielleicht ihren Stil noch nicht gefunden haben: „Jede Frau braucht auf alle Fälle einen schicken Hosenanzug. Und vielleicht noch ein Kleidchen, das man gerne auch im Winter tragen darf, kombiniert mit einem dicken Oversize-Pulli und Stiefeln.” Ansonsten soll man das tragen, worin man sich eben wohl fühlt – notfalls auch eine Jogginghose!
Übrigens: Alle Entwürfe von Silvia Wintergerst sind Einzelstücke, die es nicht in Boutiquen zu kaufen gibt. Weitere Infos auf Instagram: silvia_wintergerst_couture