Glückauf an der Autobahn

von Leon Öttl

Einen großen Schritt in Richtung Geothermie gab es durch einen einstimmigen Grundsatzbeschluss des Gemeinderats Vaterstetten in der Sitzung am vergangenen Donnerstag. Schon 2025 könnte die Wärme, die mittels Bohrungen in der Nähe der Autobahnraststätte gewonnen werden soll, ins Netz eingespeist sein. Die Kosten: sehr hoch. Doch die Wirtschaftlichkeit sei gegeben – auch andere Gemeinden könnten sich anschließen, Interesse gibt es unter anderem aus Grasbrunn und Haar. Noch sind einige Fragen offen. 

Die Geschichte der Geothermie in der Gemeinde reicht schon weit zurück. 2013 hatte man ein Geothermieprojekt auf Eis gelegt. Hauptgrund dafür war ein nicht vorhandenes Netz. Das ist jetzt anders, es gibt bereits ein Wärmenetz der Gemeindewerke. 

Zu Beginn der Sitzung stellte Bürgermeister Leonhard Spitzauer fest, dass die Gemeinde auf einem Schatz sitze, „den wir auch nutzen sollten“. Auch ihm seien die hohen Kosten bewusst: ein defizitäres Projekt könne man sich nicht leisten. 

In einer Präsentation wurden der Öffentlichkeit sowie den Mitgliedern des Gemeinderates die geologischen Bedingungen vorgestellt. Man rechne mit einer Wassertemperatur von 95 Grad, dabei könne es statistische Ausreißer geben. Die reinen Kosten für die Bohrung belaufen sich in der favorisierten Variante auf 18,4 Millionen Euro. Dabei noch nicht eingerechnet sind die Übergabestation sowie der Ausbau und eine mögliche Förderung sowie Kosten für die Planung und Inbetriebnahme. Dies wurde alles in einer Wirtschaftlichkeitsrechnung begutachtet, in der verschiedene Szenarien betrachtet wurden, beispielsweise höhere Investitionskosten und eine geringere Temperatur. Konkrete Zahlen wurden der Öffentlichkeit nicht vorgelegt, doch das Ergebnis sei trotz einer sehr „konservativen Betrachtung“ tragfähig, so Georg Kast von den Gemeindewerken, der auch persönlicher Referent des Bürgermeisters ist. 

Untersucht wurde auch eine Variante mit geringerem Durchmesser, doch die Mehrkosten seien im Vergleich zum Ertrag unwesentlich, so Kast. Lieber bohre man einmal groß. Das Risiko einer Fehlbohrung sei gering. „Wir können sicher sagen, dass wir das gesamte Gemeindegebiet versorgen können“, so Kast. Maßgeblich hänge die Wirtschaftlichkeit von Kunden außerhalb der Gemeinde ab, Interesse gibt es bereits aus Haar und auch Grasbrunn. Mit Grasbrunn gibt es inzwischen Gespräche. Die Großkunden seien laut Kast sehr wichtig, an der Stelle müsse man massiv arbeiten. Ein positives Signal gibt es bei der Nachfrage, hier hatte man mit 60 Prozent kalkuliert, damals „realistisch“. Doch angesichts der aktuellen Entwicklungen, die der Gemeinde „leider in die Karten spielt“ sei die Nachfrage deutlich erhöht, die Kunden rennen die Bude ein, denn im Gegensatz zum Gaspreis plane man bei der Erdwärme mit stabilen Preisen. 

Auf diesem Feld an der A99 – zwischen Vaterstetten und Weißenfeld – soll die Erdwärme gewonnen werden. (Foto: Markus Bistrick / B304.de)

Was noch nicht fix ist, sind die Fördermittel. Es gibt ein Programm des Bundes, mit dem 40 Prozent der Kosten für die Bohrungen und auch den Ausbau des Netzes gefördert werden – dieses liegt seit gut einem Jahr bei der EU-Kommission und wartet seitdem auf Ratifizierung und Prüfung. Abschließend stellte Georg Kast fest, das Vorhaben sei alternativlos. Wie genau sich die Organisation des Projekts rechtlich gestaltet, etwa durch Gründung einer neuen Gesellschaft, soll in den nächsten 6 Monaten geklärt werden:  „Wir wollen zum Winter 2025/2026 das erste Mal Wärme aus dieser Geothermie auskoppeln“. Dieses Ziel sei „sehr ambitioniert“, aber möglich. 

Zustimmung gab es fraktionsübergreifend aus dem Gemeinderat. Sepp Mittermeier (SPD) kommentierte:  “Wenn nicht jetzt, wann dann?“. Am herausforderndsten dürfte die Herstellung einer Firmenstruktur sein. In den 6 Jahren, in denen der Netzausbau gefördert werde, müsse man „extrem Gas geben“, so der Fraktionssprecher. Der Ausbau soll ganzheitlich erfolgen: „wir müssen alle Kunden mitnehmen, so gut und schnell es geht“. Mittermeier erwähnte den hohen Energieverbrauch der Förderanlage. Auch andere erneuerbare Energien wie Wind und Sonne dürfe man nicht vernachlässigen, man könne beispielsweise ein Windrad bauen, um die Anlage mit Eigenstrom zu versorgen. 

Michael Niebler, CSU-Fraktionschef sprach vom wichtigsten Projekt der Gemeinderatsperiode. Die hohen Kosten bereiten ihm Sorgen, daher solle das Risiko nicht alleine auf den Schultern der Gemeinde liegen. 

Georg Kast erläuterte, dass es bereits erste Gespräche mit möglichen Kapitalgebern gebe, etwa Banken. Mögliche Geldgeber seien auch Rentenfonds. Wichtig sei, dass der Investor die gleichen Interessen verfolge wie die Gemeinde. Bürgermeister Spitzauer erwähnte das Bohrrisiko, das „ein jeder“ Investor scheue. Axel Weingärtner (Grüne) mahnte an, dass die Gemeinde weiterhin einen großen Anteil haben müsse. Der Zugriff eines Investors solle möglichst klein gehalten werden. Auch er befürwortet die Stromversorgung aus Wind oder Sonne. 

Der Ausbau des Netzes soll aufgrund des Förderzeitraums möglichst innerhalb von 6 Jahren erfolgen. Zwar könne man in 3 Jahren nicht „die ganze Gemeinde umgraben“, so Kast, doch „die Bürger werden sich da auf einiges einstellen müssen“. Durch die „richtigen Einschränkungen“ müsse man 5-6 Jahre durch.

Der Grundsatzbeschluss wurde einstimmig gefasst.