Über 150 Menschen wohnten der ökumenischen Gedenkfeier für den gestrigen Amoklauf in Grafing Bahnhof in der Stadtpfarrkirche St. Ägidius in Grafing bei. Die Kirche war damit fast komplett voll. Politiker und Geistliche richteten ihre Worte an die Trauernden. Vier Kerzen der Hoffnung wurden bei dem Gottesdienst angezündet. Viele Grafinger Bürger waren ab 18 Uhr vor Ort.
B304.de berichtete bereits über den gestrigen Amoklauf am Grafinger Bahnhof, bei dem der 27-Jährige Paul H. vier Menschen niederstach. Dabei verstarb ein 56-Jähriger Wasserbuger, der in der Technischen Kommunikationsabteilung in der Regierung von Oberbayern arbeitete. Die drei weiteren angegriffenen Grafinger wurden mit Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Der Amokläufer sitzt mittlerweile in der Psychatrie.
Der Regierungspräsident der Regierung von Oberbayern, Christoph Hillenbrand, Grafings Erste Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Bündnis 90/Die Grünen) und Ebersbergs Landrat Robert Niedergesäß (CSU) redeten auf der rund 45 minütigen Gedenkfeier.
Den Gottensdienst leiteten die Grafinger Pfarrer Anicet Mutonkole-Muyombi (katholisch) und Axel Kajnath (evangelisch).
Der Regierungspräsident der Regierung von Oberbayern gedachte dem Opfer, der zeitgleich ein Kollege von ihm war. Hillenbrand bezeichnete den Verstorbenen als “liebenswerten und unendlich geduldigen Menschen”, der seit 23 Jahren in der Regierung Oberbayerns arbeitete, zuletzt in der Technischen Kommunikationsabteilung. Gestern befand sich der Wasserburger auf dem Weg zur Arbeit, ehe er vom arbeitslosen Paul H. niedergestochen wurde.
“Es gibt Momente, da wird einem klar, wie wertvoll nette Menschen sind,” verlas der Regierungspräsident mit zitternder Stimme einen Spruch aus dem Mitarbeiter-Kondolenzbuch.
Und weiter: “Die völlige Sinnlosigkeit der Tat und die absolute Zufälligkeit der Opfer macht das Geschehene besonders schwer.”
Abschließend wünschte Hillenbrand den Verletzten eine “schnelle und umfangreiche Genesung an Leib und Seele“.
Vier Kerzen der Hoffnung wurden für den getöteten 56-Jährigen, sowie der drei Verletzten angezündet und mehre Gebete gesprochen.
Pfarrer Axel Kajnath: “Seit Paris, Brüssel und auch Bad Aibling sind wir sensibel geworden. Die Frage “Wo eigentlich sind wir noch sicher?” ist ein Ausdruck unserer “Sprachlosigkeit und Verunsicherung” geworden.
Grafings Erste Bürgermeisterin Angelika Obermayr: “Die Tat hat unsere Sicherheit, unser Urvertrauen, unser Gottvertrauen tief erschüttert. Sie wird in das kollektive Gedächtnis von uns allen Grafingern einsickern.”
Die Politiker und Geistlichen bedankten sich mit ihren Worten auch bei den Helfern, die gestern fast den kompletten Tag vor Ort waren. Der vollkommene Zufall der Tat wurde mehrmals thematisiert.
Landrat Robert Niedergesäß: “Dieser Tag wird uns im Gedächtnis bleiben und uns in Zukunft immer begleiten. Er und die anderen (das verstorbene Opfer und die drei Verletzten; Anm d. Red.) verließen sehr früh und mit gutem Gefühl ihr zu Hause und mit der Sicherheit, abends in die eigene gute Stube zurückzukehren. Es war kein ganz normaler Tag, sondern ein schwerer Schicksalstag.”
Der Landrat weiter: “Ja, das was gestern passiert ist, kann überall passieren. Wir fragen uns: Wieso bei uns, wo die Welt in Ordnung ist, noch in Ordnung ist. Warum stieg der Täter in genau diese S-Bahn und an der Haltestelle Grafing Bahnhof wieder aus? Nun stehen wir da mit vielen Fragen und vielleicht ein paar Antworten, die aber niemand weiterhelfen werden, vor allem nicht den Angehörigen.”
“Davor schützen können wir uns jedoch nicht. Es kann jeden und uns überall treffen. Ich fühle eine Ohnmacht, aber dieses Gefühl dürfen wir nicht zulassen.”
Niedergesäß sendete Genesungswünsche an die Verletzten und kondolierte den Angehörigen des Verstorbenen: “Der Landkreis Ebersberg, das Landratsamt und der Kreistag sind voller Trauer.”
Der katholische Geistliche Mutonkole-Muyombi: “Die gestrige schlechte Nachricht hat uns alle, vor allem die Angehörigen, wie ein schwerer Schlag getroffen. Warum geht ein junger Mann auf wehrlose Menschen los?”
Der Pfarrer weiter: “Wir dachten, dass in unserer Stadt Grafing nie so eine unfassbare Tat passieren kann. Nun sind wir alle verunsichert.”
Durch die Gedenkfeier, so Mutonkole-Muyombi, sollte “Solidarität und Betroffenheit” für die Angehörigen gezeigt werden.