Flugentschädigung bei Verspätung und das Recht von Fluggästen

von Gastautor

Flugverspätungen gehören leider zum Alltag vieler Reisender. Doch nicht alle Passagiere wissen, dass sie in bestimmten Fällen ein Recht auf Entschädigung haben. Die Grundlage dafür bildet die EU-Verordnung Nr. 261/2004, die klare Regeln zum Schutz von Fluggästen innerhalb Europas aufstellt. Diese Verordnung gilt für alle Flüge, die innerhalb der EU starten, sowie für Flüge mit einer EU-Fluggesellschaft, die in der EU landen. Auch Flüge aus der Schweiz, Norwegen und Island sind davon erfasst.

Die Regelung gewährt Fluggästen unter bestimmten Voraussetzungen pauschale Ausgleichszahlungen – unabhängig davon, ob sie tatsächlich finanzielle Verluste erlitten haben.


2. Ab wann besteht ein Anspruch auf Entschädigung?

Ein Anspruch auf Entschädigung entsteht, wenn:

  • Ihr Flug mit mindestens drei Stunden Verspätung am Endziel ankommt.
  • Sie rechtzeitig zum Check-in erschienen sind.
  • Die Flugverspätung nicht auf sogenannte „außergewöhnliche Umstände“ zurückzuführen ist, etwa Unwetter, politische Unruhen oder Sicherheitsrisiken.
  • Der Flug unter die Zuständigkeit der EU-Verordnung fällt.

Wichtig: Maßgeblich ist nicht die Abflugzeit, sondern die tatsächliche Ankunftszeit am Zielort. Diese gilt als erreicht, wenn sich die Flugzeugtüren geöffnet haben.


3. Wie viel Entschädigung steht Fluggästen zu?

Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach der Flugdistanz:

FlugstreckeEntschädigung
Bis 1.500 Kilometer250 Euro
Zwischen 1.500 und 3.500 km400 Euro
Über 3.500 Kilometer600 Euro

Beispielsweise stehen Ihnen bei einem verspäteten Flug von Berlin nach Rom (unter 1.500 km) 250 Euro zu. Bei einer Verbindung wie Frankfurt nach Kairo (über 3.500 km) können es 600 Euro sein.

In manchen Fällen kann die Entschädigung um 50 % reduziert werden – etwa wenn die Airline Ihnen einen Ersatzflug angeboten hat, mit dem Sie dennoch mit nur geringer Verspätung am Ziel ankommen.


4. Was sind außergewöhnliche Umstände?

Airlines sind nicht zur Zahlung verpflichtet, wenn die Verspätung durch außergewöhnliche Umstände verursacht wurde. Dazu zählen unter anderem:

  • Starke Wetterbedingungen (Sturm, Gewitter)
  • Streiks von Flughafenpersonal oder Flugsicherung
  • Sicherheitsbedrohungen oder medizinische Notfälle
  • Vogelschlag oder Sabotage

Technische Probleme am Flugzeug gelten hingegen nicht automatisch als außergewöhnlich. Die Rechtsprechung verlangt, dass die Airline nachweist, dass der Vorfall nicht durch Wartung oder Organisation vermeidbar gewesen wäre.


5. Betreuungsleistungen der Airline

Schon ab zwei Stunden Wartezeit haben Passagiere Anspruch auf sogenannte Betreuungsleistungen:

  • Verpflegung in Form von Getränken und Mahlzeiten
  • Zwei kostenlose Telefonate oder E-Mails
  • Unterkunft und Transfer, wenn ein Aufenthalt über Nacht notwendig wird
  • Rückerstattung des Ticketpreises oder alternative Beförderung bei Verspätungen ab fünf Stunden

Diese Leistungen gelten zusätzlich zur eventuellen Entschädigung und sind unabhängig davon, ob die Airline für die Verspätung verantwortlich ist.


6. Was passiert bei Anschlussflügen?

Komplexe Reiserouten mit Umsteigeverbindungen werfen zusätzliche Fragen auf. Auch hier zählt die Verspätung am Endziel. Wenn etwa der Zubringerflug verspätet ist und Sie dadurch den Anschlussflug verpassen, wodurch sich Ihre Ankunft um mehr als drei Stunden verzögert, besteht ebenfalls Anspruch auf Entschädigung – sofern alle Flüge unter derselben Buchung zusammengefasst sind.


7. Wie lange kann man Entschädigung fordern?

Je nach nationalem Recht haben Fluggäste mehrere Jahre Zeit, ihre Ansprüche geltend zu machen. In Deutschland beträgt die Frist in der Regel drei Jahre ab dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Flug stattfand.

Es empfiehlt sich jedoch, nicht zu lange zu warten. Die Beweislage ist mit der Zeit oft schwieriger zu rekonstruieren, und Airlines reagieren zügiger, wenn Forderungen zeitnah eingehen.


8. Wie wird die Entschädigung geltend gemacht?

Sie können Ihre Entschädigung direkt bei der Fluggesellschaft beantragen. Dabei helfen folgende Unterlagen:

  • Bordkarte oder Buchungsbestätigung
  • Nachweise über Verspätung (z. B. Fotos, Screenshots, offizielle Ankunftszeiten)
  • Schriftliche Bestätigung der Fluggesellschaft, falls vorhanden

Wenn die Airline nicht reagiert oder ablehnt, können Sie sich an die zuständige Schlichtungsstelle wenden. In Deutschland ist dies z. B. die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP).


9. Unterstützung durch Dienstleister

Für Reisende, die sich nicht selbst mit der Airline auseinandersetzen möchten, gibt es spezialisierte Anbieter. Dazu zählt auch AirHelp, ein bekanntes Unternehmen, das Fluggästen hilft, ihre Entschädigungsansprüche durchzusetzen. AirHelp prüft zunächst kostenlos, ob ein Anspruch besteht, und übernimmt im Erfolgsfall die gesamte Kommunikation mit der Airline – gegen eine Erfolgsprovision.

Solche Dienstleister können besonders hilfreich sein, wenn sich die Airline querstellt oder sich der Fall juristisch als komplex erweist, etwa bei Anschlussflügen mit mehreren Fluggesellschaften.


10. Wichtige Tipps für Fluggäste

Damit Sie Ihre Rechte effektiv durchsetzen können, sollten Sie folgende Hinweise beachten:

  1. Beweise sichern: Fotografieren Sie die Anzeigetafeln, speichern Sie Verspätungsnachrichten oder holen Sie eine schriftliche Bestätigung der Airline ein.
  2. Kontaktinformationen bereithalten: Halten Sie Ihre Buchungsnummer und Kontaktdaten griffbereit.
  3. Selbst keine Umbuchungen vornehmen, ohne mit der Airline zu sprechen – dies kann zu Nachteilen bei der Entschädigung führen.
  4. Nicht auf „außergewöhnliche Umstände“ vertrauen: Lassen Sie sich schriftlich begründen, warum eine Entschädigung abgelehnt wird.
  5. Fristen beachten und möglichst zeitnah handeln.

11. Fazit

Flugverspätungen sind nicht nur ärgerlich, sondern können auch rechtliche Folgen für die Airline haben – zugunsten der Passagiere. Die EU-Verordnung 261/2004 sichert Fluggästen ein starkes Instrument, um finanzielle Entschädigung bei Flugverspätung zu fordern, wenn ihre Ankunft deutlich verspätet ist. Entscheidend ist die Ankunftszeit am Zielort sowie die Ursache der Verspätung.

Mit Entschädigungen von 250 €, 400 € oder 600 € können sich betroffene Reisende zumindest einen Teil der verlorenen Zeit und Mühe zurückholen. Wichtig ist es, seine Rechte zu kennen, Beweise zu sichern und bei Bedarf kompetente Unterstützung in Anspruch zu nehmen – etwa durch Organisationen wie AirHelp.

Indem Sie informiert und vorbereitet sind, können Sie im Falle einer Flugverspätung nicht nur besser reagieren, sondern auch das zurückfordern, was Ihnen rechtlich zusteht.