Sport ist für Körper und Seele erfrischend. Lissy Pfeiffer läuft seit Oktober gemeinsam mit den in Vaterstetten untergebrachten Läufern.
„Boah, was für eine Frau!“ – „You killed the boys“ – wie sich dieser Satz auf Arabisch, Urdu oder Tigrinya anhört weiß Arno Weil, der Standortkoordinator des Verdi-Camps, seit dem 20. Oktober 2015. Seit diesem Tag hat das Flüchtlings-Camp vor der Feuerwehr in Vaterstetten nämlich seine eigene Laufgruppe. Initiatorin und Trainerin ist Lissy Pfeifer, selbst ambitionierte Hobbyläuferin und langjährige Laufgruppenleiterin beim TSV Feldkirchen.
Beim ersten Training nahmen 24 der insgesamt 54 jungen Männer das Angebot wahr – ausgestattet mit vom TSV Grasbrunn gespendeten Fußballtrikots. Von den eritreischen Renngazellen bis zum Raucher, der nach 500 Metern eine Pause einlegen musste, war jeder motiviert dabei. Nach kurzer Aufwärmrunde standen Liegestützen, fordernde Sprungkraftübungen und Hügelsprints am Abenteuerspielplatz des Freizeitgeländes auf dem Programm – anschließend gab es noch je nach Ausdauer eine drei bis fünf Kilometer lange Laufrunde und abschließende Dehnübungen (Bild), die für viel Gelächter sorgten.
„Ich hoffe ich habe keinen geschrottet“, meinte Pfeifer, die vom Triathleten Milan Harnischfeger (MRRC) unterstützt wurde, anschließend. Vor dem Training sei sie „schon etwas nervös“ gewesen gesteht Pfeifer: „Wie ich das selber hinbekomme mit so vielen Männern – dann hat es mir aber riesig Spaß gemacht und ich war überrascht, wie diszipliniert sich alle an meine Anweisungen gehalten haben.“ Ein erster (Lauf)-Schritt zu einer anderen Sichtweise auf die Rolle von Frauen in unserer Gesellschaft scheint zumindest für die 24 Flüchtlinge im Verdi-Camp gemacht. „Gleichzeitig setzen wir ein Signal gegen Untätigkeit und Lethargie im Flüchtlingsalltag (der Trainingszeitpunkt wurde ganz bewusst auf den Vormittag gelegt), wir holen die Männer aus ihrer Isolation, und bringen ihnen nebenbei noch ein paar Worte Deutsch bei.“ Viele der Flüchtlinge sind traumatisiert – sportliche Herausforderungen wie diese lenken Sie zum einen von Ihren fürchterlichen Erlebnissen ab und stärken auf der anderen Seite erneut ihr Selbstbewusstsein.
„Auch unserer Außenwirkung ist durchwegs positiv – Passanten grüßen uns fast ausnahmslos mit einem freundlichen, anerkennenden Lachen“, freut sich die Trainerin. Und das mit viel Spaß und Muskelkater. „Den Rest des Tages war Hochstimmung im Camp, und die zwei Tage drauf waren wir das „Aua-aua-Camp“, lacht Arno Weil.
Seit Ende Oktober findet also ein regelmäßiges Lauftraining (sechs bis zehn Kilometer), aufgelockert durch laufspezifische Technik- und Kraftübungen, Bergsprints und andere Herausforderungen statt. Fest dabei im Trainerteam ist inzwischen auch eine dritte Betreutreuungskraft, Maxi Schwarzbauer.
Es hat sich eine kleinere, stabile Gruppe von fünf bis 15, vornehmlich eritreischen Läufern gebildet, die auch schon an einem Wettkampf teilgenommen haben und zwar am Nikolaus-Crosslauf in Pfaffenhofen. Die Startgebühren wurden dabei vom Veranstalter, dem MTSV Pfaffenhofen, netterweise erlassen.
Das Training wird mindestens bis ins neue Jahr wöchentlich mit drei Trainern stattfinden, damit alle Teilnehmer unabhängig von ihren Vorkenntnissen betreut werden können. Als Abschluss ist die gemeinsame Teilnahme am Silvesterlauf in München geplant.
Die Lauf-Coaches Lissy Pfeifer, Milan Harnischfeger und Maxi Schwarzbauer würden sich über weitere Unterstützer für das Training (Dienstag vormittag) freuen. Außerdem werden für die Läufer gesucht: wintergeeignete, Laufkleidung (in kleinen bis mittleren Männergrößen- Handschuhe, Stirnbänder, Laufjacken, lange Laufhosen) Interessenten und Spender können sich direkt an Coachin Lissy Pfeiffer wenden unter Telefon 0171/217 9944.