Jo Neunert (SPD) verlässt am Jahresende aus Altersgründen den Gemeinderat Vaterstetten. In seiner vorletzten Sitzung sagte er zukunftsweisend über eines der wichtigsten Themen aktuell: „Der soziale Wohnungsbau in Vaterstetten muss noch viel besser werden.” Was er meinte: Die Umsetzung des Einheimischenmodells im neuen Wohngebiet Vaterstetten Nordwest. Dort wurden die Vergabekriterien beschlossen. Und die sind vom eigentlichen Ziel günstigen Wohnraum zu schaffen weit entfernt.
Insgesamt stehen 31 Reihenhaus- und sechs Doppelhausparzelle in Vaterstetten Nord-West zur Verfügung. Der Kaufpreis hat es in sich: 607,50 Euro pro Quadratmeter bei den Reihenhäusern, 594,55 Euro pro Quadratmeter bei den Doppelhäusern. Das sind 45 respektive 47 Prozent des eigentlich üblichen Marktpreises. Dieser wurde ermittelt, die Verwaltung unter der Leitung von Ralf Schloemilch gab es am vergangenen Donnerstag (10.11) bei der Gemeinderatssitzung bekannt.
Immernoch hoch, jedoch ist jede Gemeinde gesetzlich dazu angehalten „kein Vermögen zu verschenken“, so Vaterstettens Zweiter Bürgermeister Martin Wagner.
Hinzu kommt ein weiteres pikantes Vergabekriterium: Die jährliche Einkommensgrenze. Die wurde nun von 75.000 auf 80.000 Euro angepasst. Grund: auf Anraten der Kreissparkasse sei so eine Kreditgewähr und auch deren Rückzahlung unproblematischer und sicherer.
Interessant ist folgender Fakt zur Einordnung: Das Statistische Bundesamt errechnet als Durchschnittswert des Haushaltseinkommen in Deutschland 4.101 Euro brutto monatlich, ergo 49.212 Euro jährlich. Damit 30.000 Euro unter der nun beschlossenen Einkommensgrenze für das Einheimischenmodell in Vaterstetten Nordwest.
Vaterstetten, so ist jedoch zu bedenken, ist mit seinen hohen Bodenrichtwerten im Mittel auch teurer als andere Gemeinden im Landkreis Ebersberg und München per se. Hier lag laut Verwaltung ein Mittel pro Quadratmeter von 398 Euro bei reduzierten Einheimischenbauland, was 52 Prozent des eigentlichen Marktpreises entspricht. Immer noch aber deutlich unter der Sitution nun in Vaterstetten.
Dort kümmert sich nun eine Genossenschaft um die 31 Reihenhäuser. Diese regelt die Vergabe sowie die Errichtung der Tiefgarage. Eines von insgesamt drei möglichen Umsetzung-Modellen, die die Gemeinde anvisierte. Es ist auch das mit den wenigsten Problemen und größten Vorteilen. Einer davon, die „Transparenz“, wie es Schloemilch beschrieb. Nun habe jeder zukünftige Einheimische Einblick in die „Bücher“, wie Jahresabschlüsse oder Bauakten. Ebenfalls positiv: der Bau der Tiefgarage liegt nun nicht in den Händen von 31 Mietparteien. Dies hätte erwartungsgemäß zu vielen Meinungsverschiedenheiten und damit Verzug geführt. Das Thema ist vom Tisch, die Genossenschaft übernimmt.
Die sechs Doppelhausgrundstücke werden an die Einheimischen separat vergeben. Die Bewerbungsfrist läuft hierbei aber parallel zu den der Reihenhausbebauung.
Das alles sorgte vor allem bei zwei Gemeinderäten für Unmut. Wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Herbert Uhl (FW), sieht die Einkommensgrenze von 80.000 Euro noch als zu niedrig, wollte lieber 90.000 Euro. Jo Neunert sah das anders: „Wer hat denn eine Chance dort unterzukommen? Die, die wir dort angedacht haben, wie z.B. Feuerwehrleute oder Wertstoffhof-Mitarbeiter, für die wird es dort schwer.“ Das sah auch Martin Wagner so, erklärte, dass die 80.000 Euro „auch schon nicht wenig“ seien.
Beschlossen aber ist es nun, der Bau von Vaterstetten Nordwest startete erst diese Woche. Zu „asozialen“ Grundstückpreisen, wie Jo Neunert sagte. Jedoch sei dies „schon ein Stück in die richtige Richtung“. Wenn auch in eine teurere als man für bezahlbaren Wohngrund eigentlich annehmen möchte.