Abschied von Bücherei-„Mama“

von b304

Nachruf Isolde Moritz
„Frau Bücherei“ – so hieß Isolde Moritz bei einigen Generationen Haarer Grundschulkindern. Und sie war überhaupt nicht böse, dass sich die kleinen Bücherwürmer ihren echten Namen nicht merken können. Im Gegenteil: Die Frau, die mit der extragroßen Portion Humor durchs Leben ging, hat ihr Pseudonym geliebt. Denn Bücher waren ihre große Leidenschaft. Jetzt ist das letzte Kapitel in ihrer Lebensgeschichte abgeschlossen: Isolde Moritz ist nach langer schwerer Krankheit im Alter von
74 Jahren verstorben.


Für die Gemeinde Haar war Isolde Moritz ein echter Glücksfall: Die 1949 in Mühldorf am Inn geborene Frau war immer schon eine Ansprechpartnerin und Vernetzerin. Zunächst war sie ab 1984 im Schulsekretariat der Hauptschule Haar für die Jugend da. 1990 zog es sie dann schon in Richtung Kultur: Sie wechselte zur Musikschule und erledigte dort die Büroarbeiten. Damals ist sie auch schon tief eingetaucht in die Welt der Bücher: Seit 1990 war Isolde Moritz ehrenamtlich in der Gemeindebücherei
tätig, nur zwei Jahre nachdem die Bücherei in dieser Form gegründet wurde. Fünf Jahre später hatte sie hier eine Festanstellung – damals, als sämtliche Bücher von der Dragoni-Villa in die heutigen Räumlichkeiten in der Leibstraße umgezogen sind.


Alles für die Bücher
An diese Zeit erinnerte sich Isolde Moritz noch sehr lebhaft: Es galt 11.000 Medien von der Karteikarte in den Computer zu übertragen. Jedes Buch musste damals in die Hand genommen und geprüft werden, die Daten in den Computer eingetragen werden. Zwei Jahre hat das gedauert, „aber wir haben uns alle gemeinsam wacker geschlagen“, erinnerte sie sich zurück. Für ihre geliebten Bücher tat sie ohnehin alles. Im Januar 1999 wurde sie dann zur Chefin. Diese Aufgabe erfüllte sie mit Leib und Seele – und riesigem Erfolg. Vielleicht auch, weil sich die Bücherei für sie sehr familiär anfühlte – fast wie daheim. Die Parallele? Die Gemeindebücherei platzte damals schon aus allen Nähten – und auch in ihrem Zuhause hatte sie keinen Platz mehr für noch mehr Literatur. „Es gibt keinen Raum in meiner Wohnung – bis auf das Bad – in dem kein Bücherregal platziert wurde“, erklärte sie damals lachend. Isolde Moritz tat sich eben schwer, ein Buch aus ihrem Besitz auszusortieren. Eine treue Seele, nicht nur in Sachen Literatur.


Begeisterung weitergeben
In der Bücherei war sie sowas wie die „Mama der Bücherwürmer“: Sie kannte die Lesegewohnheiten ihrer treuen Kundschaft. Schon beim Einkauf der Bücher hat sie oft einzelne ihrer Leser im Kopf gehabt. „Das könnte ein Buch für den sein oder für die andere“, dachte sie angesichts mancher Neuerscheinung. Und dann gab es natürlich noch die Arbeit mit den Kindern, die sie besonders liebte: Schulklassen kamen regelmäßig zu Isolde Moritz, sie veranstaltete Fantasiereisen mit Kindern – und
immer wieder hat sie es geschafft, auch den Nachwuchs leseferner Familien für die Welt der Bücher zu begeistern.


Immer Mitglied der Bücherei-Familie
Als sie 2011 in den Ruhestand ging, war sie sich sicher, was ihr in Zukunft am allermeisten fehlen wird: über Bücher zu sprechen, jeden Tag Buchempfehlungen auszusprechen, sich auf die Hitlisten zu stürzen, aber auch nach den „versteckten Perlen“ auf dem Büchermarkt zu tauchen.
Doch diese Bedenken hätte sie nie haben müssen: Sie blieb Mitglied in der Bücherei-Familie, war immer sehr gerne gesehen in ihrer alten Wirkungsstätte in der Leibstraße – und hat immer noch die neuesten Bücher gelesen. Auch während der schweren Zeit der Krankheit blieb der Kontakt zum Büchereiteam erhalten, es gab Krankenbesuche, stundenlange Unterhaltung. Beklagt hat sich Isolde Moritz nie.
Der Gemeinde Haar fehlt Isolde Moritz – mit ihrem unendlichen Wissen über Literatur zum einen. Aber vor allem fehlt sie wegen ihrer besonderen Art, ihrem Witz, ihrer Aufmerksamkeit und Liebenswürdigkeit.
In Gedanken sind wir bei ihrer Familie und ihren Freunden.